mobOx: mobiler Lebensretter

Mit einer mobilen, KI-basierten Blutanalyse will ein Lübecker Start-up eine schnelle und zuverlässige Diagnose direkt am Einsatzort ermöglichen.


Darum geht es:


Innovatives Blutgasanalysegerät für den Rettungsdienst

Bald wird Till Böhme das erste Mal bei einem Einsatz im Rettungswagen mitfahren. Dabei ist der 28-Jährige kein angehender Arzt oder Rettungssanitäter, sondern Mitgründer von mobOx. Das Produkt des Lübecker Start-ups ist ein neuartiges mobiles und auf künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Blutanalysegerät für die Notfallmedizin. „Bisher kann eine Blutgasanalyse erst in der Notaufnahme im Krankenhaus zuverlässig durchgeführt werden. Wir wollen mit mobOx das weltweit erste mobile Blutanalyselabor an den Einsatzort bringen. Mit dem mobilen, handlichen Analysegerät erhalten Rettungskräfte bereits vor Ort potenziell lebensrettende Informationen über den Zustand des Patienten“, sagt Böhme, der seit Februar 2021 zum mobOx-Team um die Medizintechniker Benjamin Kern und Reza Behroozian, den Professor für Mess- und Regelungstechnik Stefan Müller sowie den Chemiker Nils Roedel gehört.

Der Wirtschaftsingenieur ist für die Kommunikation des jungen Unternehmens zuständig. Auch der Austausch mit künftigen Kund:innen gehört zu seinem Aufgabenbereich. „Wir wollen unsere Zielgruppe nicht nur kennen, sondern sie wirklich verstehen und ein Produkt anbieten, das genau ihren Anforderungen entspricht“, sagt er. Deshalb führt Böhme, der zuvor acht Jahre unter anderem im New Business Development des Lübecker Medizintechnikherstellers Dräger arbeitete und einen Master mit Schwerpunkt Entrepreneurship absolvierte, mehrmals die Woche Gespräche mit Notärzt:innen und Rettungskräften und verschafft sich damit in der Praxis einen Eindruck über deren Arbeitsalltag.

Bisher kann eine Blutgasanalyse erst in der Notaufnahme im Krankenhaus zuverlässig durchgeführt werden. Wir wollen mit mobOx das weltweit erste mobile Blutanalyselabor an den Einsatzort bringen. Damit erhalten Rettungskräfte bereits vor Ort potenziell lebensrettende Informationen über den Zustand des Patienten.

Till Böhme
Verantwortlich für Business Development bei mobOX

 

 

KI-basierter Sensor ermöglicht zuverlässige Untersuchung von Blutparametern

Treffen Rettungskräfte am Einsatzort ein, liegen oft unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen oder Kurzatmigkeit vor. „Hinter diesen Symptomen können sich verschiedene Krankheiten verbergen, die innerhalb kürzester Zeit lebensbedrohlich werden. Dazu gehört beispielsweise eine Rauchgasvergiftung, die häufig bei Bränden auftritt und schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben kann, wenn sie nicht zeitnah therapiert wird“, erklärt Böhme. Durch einen KI-basierten optischen Sensor im Gerät von mobOx erhalten Rettungskräfte bereits nach ungefähr 30 Sekunden ein Ergebnis und können noch vor Ort Therapiemaßnahmen oder den Transport in eine Fachklinik einleiten. Ein Zeitvorsprung bei der Diagnose kann in dieser Phase Leben retten. In Deutschland vergehen durchschnittlich 38 Minuten zwischen dem Eintreffen des Notarztes am Einsatzort und der Einlieferung des Patienten in die Klinik. Für einige Patient:innen kann es dann bereits zu spät sein.

 

 

Von der Forschung zur Start-up-Gründung

Die Wurzeln von mobOx liegen in der Technischen Hochschule Lübeck. Über sechs Jahre befassten sich Doktorand Benjamin Kern, Stefan Müller und Reza Behroozian mit optischen Verfahren zur Bestimmung von Blutparametern und analysierten die Wechselwirkung von Licht mit Blutproben. Aus der Zusammenarbeit entstand eine neue Technik zur zuverlässigen Analyse von Blutproben, was das Team zur Unternehmensgründung motivierte.

Ähnlich wie bei einem Blutzuckermessgerät ist auch hier zur Analyse nur ein Tropfen Blut auf einem Teststreifen nötig. Die Besonderheit, so Böhme: „Unser Gerät verfügt über ein sehr robustes optisches Messverfahren, das auch bei schwankenden Umgebungsbedingungen wie Temperaturveränderungen oder Erschütterungen verlässlich funktioniert. Zudem benötigen wir nur ein sehr geringes Probenvolumen zur Durchführung einer Messung.“

 

 

Netzwerk-, KI- und Medizintechnik-Standort Lübeck

Das mobOx-Team setzt sich aus Medizintechnikern, einem Elektrotechniker, einem Chemiker und Böhme als Wirtschaftsingenieur zusammen. „Wir setzen seit jeher auf Teamarbeit und Interdisziplinarität“, sagt Benjamin Kern. „Schon die Entwicklung der Produktidee war eine Teamleistung.“ Unterstützt wird das Team von Medizinern aus dem Klinikum Itzehoe und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck.

Neben der eigenen Forschungs- und Entwicklungsarbeit spielt der Austausch mit anderen Start-ups, Coaches und Mentor:innen eine wesentliche Rolle, etwa im Rahmen des Start-up-Accelerators Gateway49 des Technikzentrums Lübeck und der IHK zu Lübeck. „Der Austausch mit anderen Teams, insbesondere am Standort Lübeck, ist wertvoll für uns“, so Kern. Gespräche mit potenziellen Kund:innen bringen mobOx voran und eröffnen dem Team neue Geschäftsfelder.  

EXIST-Förderung ermöglicht Entwicklung

Im Mai 2022 erhielt das Unternehmen eine Förderung in Höhe von 922.000 Euro vom EXIST-Forschungstransfer-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. „Die Frühphasenfinanzierung von Medizintechnik-Start-ups ist eine große Herausforderung“, sagt Böhme. „In der Medizintechnik gibt es zu Recht aufwendige Zulassungsverfahren.“ Die EXIST-Mittel fließen in die Entwicklung und Herstellung erster Testgeräte. Bis 2023 will mobOx insgesamt 20 Geräte produzieren, die ein Jahr lang an unterschiedlichen Einsatzorten ausgiebig geprüft werden. Im Labor und im Krankenhaus sollen sie zur Marktreife entwickelt werden. Bestehen sie diesen Test, werden in einem weiteren Schritt Rettungsfahrzeuge probeweise mit den Geräten von mobOx ausgestattet.

 

 

Wenn durch den Einsatz unseres Gerätes Menschen zielgerichteter in Fachkliniken gebracht und durch eine frühere Diagnose am Einsatzort potenzielle Folgeschäden reduziert werden können, entlastet das auch Krankenkassen und Gesundheitssystem.

Till Böhme
Verantwortlich für Business Development bei mobOX

 

 

Globale Perspektiven für Lübecker Innovation

Das Ziel der mobOx-Gründer ist der flächendeckende Einsatz ihrer Analysegeräte in der präklinischen Notfallversorgung, in Krankenhäusern und Arztpraxen. Langfristig ist auch eine Anwendung in Ländern denkbar, in denen teils lange Strecken bis zum nächsten Krankenhaus zurückzulegen sind. Ab Ende September 2022 wird Till Böhme für drei Monate am Programm des Plug and Play Accelerators im Silicon Valley teilnehmen. Das Team möchte den Aufenthalt nutzen, um den amerikanischen Gesundheitsmarkt besser kennenzulernen und mit potenziellen Investoren ins Gespräch zu kommen.

Till Böhme ist überzeugt davon, dass von mobOx nicht nur die Rettungskräfte und Patient:innen profitieren, sondern auch das deutsche Gesundheitssystem. Er sagt: „Wenn durch den Einsatz unseres Gerätes Menschen zielgerichteter in Fachkliniken gebracht und durch eine frühere Diagnose am Einsatzort potenzielle Folgeschäden reduziert werden können, entlastet das auch Krankenkassen und Gesundheitssystem.“

 

Bilder im Slider: ©Sebastian Weimar

 

 

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