"Ich glaube, dass Schleswig-Holstein ein Gründungsland ist."

Bernd Buchholz im Gespräch mit Manuela Görcke.

Manuela Görcke ist Geschäftsführerin von OTHEB, einem Kieler Unternehmen, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Fragen rund um die psychische Gesundheit berät. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz diskutiert mit ihr über Stressfaktoren im Arbeitsalltag, die Herausforderungen der Rund-um-die-Uhr-Betreuung und den Faktor Vertrauen bei der Beratungsarbeit.

 

 

 


 

 

Bernd Buchholz: Moin aus Kiel und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge meiner Podcast-Serie „Echte Chancen“. Mein Name ist Bernd Buchholz, ich bin Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und ich unternehme den Versuch mit diesem Podcast, das Land mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Nicht nur die touristischen Schönheiten zu sehen und die Shanty-Chöre - das alles, was man als traditionell schleswig-holsteinisch betrachtet - sondern Menschen einzuladen, die Dinge machen, die man vielleicht nicht unbedingt sofort mit Schleswig-Holstein in Verbindung bringt. Menschen, die innovativ-dynamisch und gegebenenfalls modern unterwegs sind und die Dinge machen und mutig sind, die, wie mein heutiger Gast, eine Firma gründen in einem Bereich über den wir gleich sprechen werden, der ja auch bestimmt sehr spannend ist, aber auch sehr herausfordernd. Also jedenfalls Schleswig-Holstein auf eine ganz besondere Art und Weise sichtbar zu machen. Bei mir ist heute Abend Manuela Görcke. Manuela Görcke ist Geschäftsführerin der OTHEB GmbH. Herzlich Willkommen, Frau Görcke!

Manuela Görcke: Vielen Dank für die Einladung.

Frau Görcke, OTHEB GmbH, eine Firma, die Sie in Kiel, glaube ich, ja in Kiel gegründet haben. Was macht die OTHEB GmbH?

Die OTHEB GmbH schließt Serviceverträge mit Großunternehmen deutschlandweit, aber auch eben im Mittelstand alles ab hundert Mitarbeitern, zur Betreuung der Belegschaften. Wir schließen also große Serviceverträge mit ihnen ab, um die Mitarbeiter im Rahmen ihrer psychischen Gesundheit zu unterstützen. Wir sitzen hier am Kieler Norwegenkai mit Psychologen, Pädagogen, Sozialpädagogen, arbeiten 24 Stunden rund um die Uhr an einer Helpline und haben sozusagen das Ohr an vielen Belegschaften Deutschlands.

Sie haben eine Firma gegründet für die psychosoziale Betreuung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Das ist richtig.

Wie kommt man denn auf die Idee?

Also die gibt es schon ein bisschen länger. Es ist ein ursprüngliches Programm aus Amerika, dort gibt es die Programme seit über 90 Jahren schon. Also so ganz ausgedacht habe ich es mir nicht, ich hab ein bisschen über den Teich geguckt, hab die Programme dort auch kennengelernt in Amerika und hab die mitgebracht nach Deutschland und hab auch gesehen, schon vor mittlerweile 18 Jahren, dass wir hier auch eine Lücke haben. Thema heute Abend ist ja auch Gesundheit und ich glaube, im Kontext psychischer Gesundheit gibt es schon auch eine Lücke. Volle Psychotherapie-Praxen in Deutschland, das war ein Thema, die Lücke habe ich vor 18 Jahren schon gesehen.

Sie selbst sind Psychologin?

Nein, ich bin Pädagogin. Erziehungswissenschaften an der Leuphana in Lüneburg studiert, mit einem Schwerpunkt tatsächlich einen Studiengang, den es eigentlich heute gar nicht mehr gibt, ein Schwerpunkt auf klinische Psychologie und Sozialmanagement. Also die Leuphana hat versucht, Führungskräfte auszubilden für diesen Bereich.

Die Firmen, die bei Ihnen Kunden sind, kommen, weil sie etwas für die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun wollen. Kommen die in der Regel, weil es Probleme gibt oder kommen die, weil sie Problemen vorbeugen wollen?

Also ich bin gerne in Kontakt mit Unternehmen, wenn sie denn gesund sind, also in gesunden Zuständen. Aber auf uns kommen natürlich auch Unternehmen zu, die gegebenenfalls Mitarbeiter entlassen müssen, solche Themen. Aber in Deutschland muss ich schon sagen, dass der Bedarf nach dieser Dienstleitung in den letzten 18 Jahren auch ein bisschen gestiegen ist. Jetzt wo betriebliches Gesundheitsmanagement größer geschrieben wird in den Unternehmen, ist eben der Kontext tatsächlich auf Psyche, der da eine Rolle spielt. Die meisten eigenen Kunden, die wir einkaufen, die uns einkaufen, sind tatsächlich eher aus dem Gesundheitsaspekt. Wir haben einen großen Teil amerikanischer Kunden, das sind fast 500 Unternehmen hier aus Deutschland für die wir tätig sind. Die kriegen wir über einen Kooperationspartner, da ist das immer ein bisschen anders. Das sind globale Verträge, da haben wir nicht so einen Einfluss auf die Kunden.

Was heißt das? Dass die Amerikaner bei dieser Form der Betreuung von Mitarbeitern einfach weiter sind und viel, viel intensiver dabei sind als deutsche Unternehmen?

Naja, die Deutschen, das deutsche System ist ja ein bisschen geprägt: Gesundheitssystem, wir haben hier Berufsgenossenschaften, Betriebsräte - also wir haben ja eine ganze Menge in Deutschland in den Unternehmen an Institutionen oder auch an Gremien. Das haben sie in Amerika nicht. Und viele Menschen in Amerika sind ohne Krankenversicherung und da spielt diese Art der Dienstleistung eine große Rolle. Es geht ja nicht nur um Beratung, um psychische, psychosoziale Beratung, es geht eben auch darum, im Rahmen von Lifeservices das Leben ein bisschen leichter zu machen. Ja und wir versuchen, Pflegeplätze zu vermitteln, Kinderbetreuung zu vermitteln für die Mitarbeiter, wir haben Juristen an Bord für Antworten in Expertencalls und juristische Fragen, haben Finanzberater mit an Bord, weil die Fälle auch immer von solchen Themen begleitet sind.

Das klingt jetzt so ein bisschen wie Rund-um-sorglos-Pakete für den Mitarbeiter, der alles Mögliche haben könnte. Also wie erwirbt man sich das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, tatsächlich mit den Problemen zu Ihnen zu kommen?

Ich glaube grundsätzlich, Vertrauen muss man sich tatsächlich, wie Sie sagen, erwerben. Wir leben ein bisschen von der Mundpropaganda in dem Unternehmen tatsächlich. Natürlich gibt es, wenn wir einen Vertrag machen, häufig eine Kommunikation, einen Launch, dass man sagt, es gibt möglicherweise einen Flyer, ein Intranet, eine Avisierung der Telefonnummer, das ist eine 0800-Nummer. Wir haben inzwischen so einen Chat, eine App, wo die Mitarbeiter dann drauf zugreifen können, also es gibt so ein bisschen Promotion Material. Aber es gibt natürlich, wir begleiten das dann auch mit Webinaren oder sind auch mal vor Ort – jetzt zu Corona Zeiten weniger, da läuft viel, viel mehr digital, aber natürlich sind die Menschen auch skeptisch. Also sie haben ja in einer Belegschaft mit 2000, 5000 Mitarbeitern immer auch Menschen, denen können sie 500 Euro in die Hand geben, die würden nie, nie eine Helpline anrufen, einen Psychologen aufsuchen oder was auch immer. Und da ist es eben wichtig, in den Auftaktveranstaltungen zunächst mal ein bisschen für Vertrauen zu sorgen durch die Kommunikation und dann liegt es im Grunde an den Beratern auch in den ersten Fällen. Also die Menschen kommen dann häufig zunächst mit Kleinigkeiten auf uns zu, testen das, wie oft klingelt das eigentlich, wie ist das, wenn ich mit dieser App 24 Stunden …

Sagen Sie mir mal ein Beispiel für solche „Kleinigkeiten“.

Naja, also so ganz unverbindlich, was man auch erzählen kann ist: „Ich hab da jetzt mal angerufen, weil ich so einen Pflegeplatz oder Essen auf Rädern für meine Eltern besorgen musste. Also und ich wusste mir da keinen Rat und …“

Also in Wahrheit Unterstützung in allgemeinen Lebenslagen?

Ja, richtig.

Und über diese Unterstützung kommt man zu Ihnen: Kindergartenplatz, Kinderbetreuung, Pflegebetreuung sonst irgendwo, oder Fragen der allgemeinen Art. Und dann hat man da jemanden und kompetenten Ratschlag und sagt sich dann: „Okay, mit dem kannst du auch über andere Sachen sprechen“?

Ja genau. Also das ist so, dass die Anrufer erstmal alle an die Berater kommen, die sind also alle erstmal generalistisch ausgebildet im Bereich Psychologie, Sozialpädagogik. Also da kann jetzt, an den Erstberater kommt genauso die Anfrage nach „Essen auf Rädern“, wie möglicherweise der Burn-Out oder die depressiven Symptome oder, oder, oder. Und dann vermitteln wir das in Teams praktisch und arbeiten in Spezialteams.

Was ist das häufigste, was als Beratungsthema bei Ihnen anfällt, wo ist das größte Thema? Sie sagen ja, im Kern geht es um den Arbeitsplatz, es geht um die Dinge, die um den Arbeitsplatz herumkommen. Was ist da das größte Thema, das wichtigste Thema, in dem Sie immer wieder zu Beratungen hinzugezogen werden?

Aktuell würde ich tatsächlich sagen ist es das Thema Corona oder auch die Digitalisierung. Das sind Themen, die die Mitarbeiter sehr, sehr beschäftigen. Eine veränderte Arbeitswelt, mit der sie zu tun haben oder auch jetzt Herausforderungen, die zu Coronazeiten eine Rolle spielen, ins Home Office zu gehen, mit der Familie zusammen zu sein, ja. Also ich lege den Schwerpunkt immer auf den Arbeitsplatz. Wichtig glaube ich zu erwähnen auch noch, dass Familienmitglieder anrufen können. Das ist ein Programm, wo Arbeitnehmer anrufen können oder sich Hilfe holen können, aber auch die im Haushalt lebenden Familienangehörigen, weil natürlich, und darauf zielt vielleicht auch ein bisschen Ihre Frage, private Themen auch eine große Rolle spielen.

Das lässt sich ja gar nicht voneinander trennen.

Genau, das lässt sich nicht voneinander trennen.

Also es ist ja Etwas, wenn ich jetzt mal, ich habe ja auch mal größere Unternehmen geführt und die Probleme der Mitarbeiter, die man dadurch erzeugt, dass man in der Tat natürlich auch Verunsicherung schafft, indem man Change-Prozesse einleitet, die sind ja gewaltig. Umso mehr sage ich mir, da ist etwas, was wichtig ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wo man in der Tat ein Beratungsangebot wahrnehmen muss, was bestimmt auch noch mit Schwellenängsten verbunden ist, aber wo man einfach die Chance hat mit jemandem darüber zu sprechen und sich dann auch ein bisschen Hilfestellung geben zu lassen, die nichts ist, was jetzt irgendwie einen zu einem Schwächling macht, sondern ganz im Gegenteil die Stärke zeigt, dass man über so ein Problem mit dem anderen eben auch redet und sich dann auch Hilfe holt.

Ja, oder sich coachen lässt oder wie auch immer. Also vielleicht kommen wir nochmal ein bisschen weg aus dieser Ecke, mir ist das wirklich super wichtig, diesen Service als Service zu verstehen. Tatsächlich haben wir es jeden Tag auch mit ganz vielen anderen Sachthemen zu tun. Psyche ist natürlich der absolute Schwerpunkt, das ist ein Programm zur psychischen Gesundheit, aber uns schicken auch Manager ihre Hausfinanzierung und lassen das von unserem Finanzexperten gegenchecken.

Und dafür zahlt auch der Arbeitgeber tatsächlich Sie mit ihrem Beratungsangebot?

Dafür zahlt auch der Arbeitgeber. Es ist ein bisschen witzig, wenn wir so Sparkassen oder sowas unter Vertrag nehmen oder Banken, die sagen dann immer „also die Finanzexperten, die haben wir hier bei uns im Haus“. Also wir sind ja branchenübergreifend tatsächlich, ja, also Logistikunternehmen, große Papierfabriken deutschlandweit, Banken, Sparkassen, Versicherungen – alles, unsere Kommunen, unsere Kunden.

Und jetzt kommen wir zu diesem anderen Teil, eine wahnsinnige Herausforderung.  Bei dieser Vielfalt müssen Sie Personal haben, das erstens auf die Bedürfnisse von Menschen in solchen Situationen sich einstellt, schnell reagieren kann und dann aber auch Antworten vermittelt, findet … das ist ja total komplex. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Sie?

Aktuell 57.

Diese 57 Menschen sind vor allem aus welchem Bereich? Psychologen?

Ja, Psychologen, Sozialpädagogen, Sozialwissenschaftler. Wir haben einen Arzt mit an Bord, weil wir manchmal sehr viel klinische Fälle auch haben, Sozialarbeiter, also das ist der Kern, ein interdisziplinäres Team. Theologen haben wir auch an Bord, Trauma-Experten. Wir gehen auch raus mit Teams in Unternehmen, wenn Krisen stattfinden, Arbeitsunfälle, wenn Unternehmen relativ schnell wieder arbeitsfähig werden müssen, wenn der Kran die Papierrolle fallen lässt und Mitarbeiter möglicherweise sehr stark betroffen sind, dass man auch wieder schnell in den Arbeitsprozess kommt.

Und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Ihnen, also mehr Mitarbeiterinnen, mehr Mitarbeiter?

Mehr Mitarbeiterinnen.

Frauen im Wesentlichen. Anteil ungefähr?

Der Anteil liegt aktuell bei 80 Prozent.

80 Prozent Frauen In einem 24 Stunden-, 7-Tage-Schichtdienst?

Ja.

Das ist ja eine echte Herausforderung.

Es ist eine super Herausforderung, gerade mit den Frauen, gerade mit den jungen Müttern, die Lust haben, sich zu engagieren, Lust auf Karrieren haben, das ist eine große Herausforderung. Einerseits, die Fachkräfte zu bekommen, andererseits mit den Betreuungszeiten der Kindergärten, Kitas, Hortzeiten zurechtzukommen. Mitarbeiterinnen, die zum Teil 14.30 Uhr schon nervös sind, weil sie pünktlich raus müssen, weil sie ihre Kinder abholen müssen, das ist als Unternehmerin eine Wahnsinns-Herausforderung tatsächlich.

 

In der Tat, das stelle ich mir ganz schwierig vor, weil in der Tat, also Sie brauchen dieses fachkundige Personal, Sie brauchen die einfühlsamen Personen, die sich da auch am Telefon so bewegen und die dann aber selber ja auch ein eigenes berufliches Schicksal, eine eigene berufliche Situation haben, die sich auch gerne vielleicht an den ein oder anderen wenden würden und sagen würden „nein, pass mal auf, das passt jetzt aber gar nicht“. Und in der Tat, also Schichtdienst für junge Frauen … da fragt man sich, finden Sie denn genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das, was Sie eigentlich tun?

Ich würde mir wünschen, dass wir mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden. Was wir seit einem Jahr machen ist tatsächlich, wir sind ja mit vielen Unternehmen auch konfrontiert, deutschlandweit, Österreich, Schweiz, und ich habe vorhin gesagt, wir haben immer so ein bisschen das Ohr an den Belegschaften, kriegen auch sehr moderne Management-Geschichten mit aus den Unternehmen, Management-Kulturen mit aus den Unternehmen und wir haben uns vor einem Jahr auch auf den Weg mit „New Work“ gemacht. Wir haben versucht, tatsächlich den Abbau von Hierarchien, Teamleitung, Abteilungsleitern, solche Themen anzugehen, damit durch externe Hilfe dabei, um wirklich auch solche Sachen … ich gehe fest davon aus, bin fest davon überzeugt, dass Wertschöpfung durch Wertschätzung erfolgt und versuche gerade, so ein gründerorientiertes Unternehmen, wie es meins ist, tatsächlich an die Mitarbeiter auch so ein kleines bisschen zu übergeben und zu gucken, es auch zu ihrem Unternehmen zu machen und „New Work“ hilft uns ein bisschen dabei. Und so versuchen wir, intelligente Arbeitszeitsysteme zu etablieren, Mitarbeiter, die wirklich in Beratung sind … Sie können sich vorstellen, wenn sie acht Stunden beraten, da kommen Lebensgeschichten. So eine Nummer wählt man ja auch nicht gerade, wenn’s einem gut geht oder man die Gehaltserhöhung gekriegt hat. Also bei uns rufen die Menschen an, wenn sie Abmahnungen bekommen haben, wenn sie schwierige Lebensgeschichten haben oder wenn ihnen was Schlimmes passiert. Davon können sie am Tag …

…nicht zu viel bearbeiten.

… drei Calls machen.

In der Tat, das hält man ja auch selbst nicht aus dabei. Also es ist ja auch eine durchaus belastende Tätigkeit, wenn man sich jedenfalls mit den Dingen auch wirklich auseinandersetzt.

Exakt.

… Und sie nicht zu dicht an sich herankommen lässt, aber dann eben doch auch der einfühlsame Gesprächspartner ist, der dann auch tatsächlich Beratungshilfe leisten kann.

Ja.

Eine ganz tolle Tätigkeit. Wie sind Sie da auf die Idee gekommen, wir haben vorhin da drüber gesprochen. Sie haben in Amerika viele solcher Modelle gesehen, trotzdem ist ja eine Firma gründen dann auch noch eine andere mutige Entscheidung. Haben Sie gesagt: „Nee, sowas gibt’s hier nicht, da finde ich bestimmt schon Kunden, da lege ich mal los, ich mache jetzt mal meine kleine Company hier auf und die ist dann ja gar nicht in der Lage so ein 24 Stunden-, 7 Tage-Angebot auf die Beine zu stellen…“? Also man muss schon irgendwie eine Idee davon haben, wo es hinkommen soll. War da sehr viel Mut erforderlich?

Ja. Also da war schon sehr viel Mut erforderlich. Ich würd’s heute aber immer wieder so tun tatsächlich. Es gibt in Deutschland auch nur drei, vier, also eine Handvoll Anbieter, die das hier machen. Also 24 Stunden ist ja auch zunächst mal eine Ansage.

Das kann man wohl sagen.

Und ich habe dann, das weiß der Markt auch, also man trifft sich ja auch dann bei Unternehmen, bei Großunternehmen zu Pitches immer wieder. Also ich habe dann mal bei einem „Marktbegleiter“ würde ich es mal nennen, angefangen 2002 und habe dann nach drei Monaten tatsächlich gedacht …

… Das kannst du auch selbst.

… Das kann ich besser.

(lacht) Und das ist die richtige Entscheidung gewesen. Es zeigt, dass dieses Unternehmen heute funktioniert, dass Sie viele, viele Kunden haben, dass Sie aus dem etwas gemacht haben, was, aus meiner Sicht, ja auch in der Zukunft noch ein viel größerer Markt werden wird. Also ich glaube, dass solche Beratungsthemen ganz wichtig sind und dass wir in Deutschland in der Tat auch noch ein bisschen unterbelichtet sind in Wahrheit an ganz vielen Stellen, was solche Themen angeht. Insoweit glaube ich, setzen Sie auf das richtige Pferd.

Und ich glaube, Probleme halten sich nicht an Sprechzeiten. 24 Stunden – super wichtig bei uns der Traffic nach 20 Uhr.

Am Ende dieses Gesprächs, liebe Frau Görcke, darf ich nicht unerwähnt lassen, dass Manuela Görcke die Preisträgerin „Unternehmerin des Jahres 2019“ ist. Nochmal herzlichen Glückwunsch nachträglich dazu. Aber das ist ja auch wirklich, wie wir gehört haben heute Abend, also das ist ja wirklich sehr berechtigt. So ein Unternehmen so gegründet zu haben. Sie sind damit auch Vorbild als Gründerin in diesem Land. Was hält Frauen davon ab, ein Unternehmen zu gründen, wo kann Politik vielleicht noch helfen, Gründungen zu erleichtern?

Also grundsätzlich glaube ich, dass Schleswig-Holstein auf jeden Fall auch ein Gründungsland ist. Vor 18 Jahren war das noch ein bisschen anders. Banken und Frauen, die gründen wollen … da schlug schon noch eine ganze Menge Skepsis entgegen. Ich glaube, dass wir hier zum Beispiel in Kiel solche Vereine, wie „Alt hilft Jung“, Manager, die jungen Menschen helfen, einfach auch in dieser Welt zurecht zu kommen, dass wir das mehr fördern sollten unbedingt. Und ich würde mir wünschen, dass wir mehr Zugang, vor allem als Unternehmerinnen oder Unternehmer haben zu den Hochschulen hier, Universitäten. Wir haben innovative Dienstleistungen, wir sollten über Ringvorlesungen vielleicht mit Universitäten, Fachhochschulen viel mehr in Kontakt bringen, Unternehmerinnen da rein zu bringen.

Ich lad Sie ein zu „StartUp SH“, von einer Frau als Geschäftsführerin geleitet, wo wir gemeinsam mal an die Universitäten gehen können und werben können für den Mut, den man braucht, um als Frau ein Unternehmen zu gründen, um überhaupt als Mensch ein Unternehmen zu gründen. Da gehört wahnsinnig viel Mut dazu. Manuela Görcke hatte diesen Mut und hat ein sensationell tolles Unternehmen in Schleswig-Holstein gegründet, das eine Dienstleistung anbietet, die so oft in Deutschland nicht angeboten wird. Zum Ende gibt’s immer von mir kurze Fragen mit der Bitte um kurze Antworten. Die erste kurze Frage ist: Die besten Ideen habe ich …

… an ruhigen Orten. Im Flieger, unter der Dusche … an ruhigen Orten.

Mein liebster Ort in Schleswig-Holstein ist …

… Molfsee, da komm ich her.

Molfsee - sind Sie da zuhause?

Da bin ich zuhause.

Sind Sie da auch geboren?

Nein.

Wo kommen Sie ursprünglich her? Aus Schleswig-Holstein?

Nein, ich komme ursprünglich aus Brandenburg.

Also, die Liebe zu Schleswig-Holstein ist erst im Laufe Ihres Lebens entstanden.

Richtig.

Am meisten inspiriert hat mich …

… mein australischer Onkel, der auch Unternehmer ist, und Ursula von der Leyen.

Ursula von der Leyen, das kommt überraschend.

Sie inspiriert mich, sie ist eine tolle Frau, finde ich, die unfassbar gut mit Macht umgeht und das fasziniert mich sehr.

Manuela Görcke, Geschäftsführerin von OTHEB in Kiel. Vielen Dank für das Gespräch, es hat mir großen Spaß gemacht. Ich glaube, der Einblick in ein Unternehmen, das man so, jedenfalls viele, nicht kennen, der Einblick in eine Branche auch, die Rückenwind haben wird. Vielen Dank, dass Sie dabei waren, vielen Dank, dass Sie dies betreiben. Vielen Dank dafür, dass Sie auch durch Ihr Engagement anderen Menschen Mut machen, ein Unternehmen zu gründen und vielen Menschen helfen, mit ihrem Alltag im Berufsleben besser klar zu kommen. Ich sag mal, besser geht’s ja eigentlich gar nicht, dass man so viel Sinnhaftes mit seiner Tätigkeit verbindet. Mir hat’s Spaß gemacht, ich hoffe, Ihnen auch und ich freu mich auf ein nächstes Mal in dem Podcast „Echte Chancen“. Das war Bernd Buchholz, herzlichen Dank fürs Zuhören.