Aktiviere "Podigee" in den Einstellungen, um unseren Podcast anzuhören. Vielen Dank fürs Zuhören!
Cookie Einstellungen Öffnen
Wer Blut spendet, rettet Leben. Denn ohne Bluttransfusion sind Transplantationen und andere große chirurgische Eingriffe nicht möglich. Zugleich ist Blut ein rares Gut. Rund 33 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind für die Blutspende geeignet. Doch nur drei Prozent davon spenden überhaupt, und das nicht immer regelmäßig. Es gilt aber: Acht von zehn Menschen benötigen in ihrem Leben mindestens einmal eine Transfusion. Deshalb kommt es besonders bei seltenen Blutgruppen immer wieder zu Versorgungsengpässen – zuletzt wurden die Blutkonserven während der Covid-Pandemie knapp, als viele Spender:innen aus Angst vor Ansteckung zu Hause blieben. „Genau dieses relativ ungeregelte Geschehen der Blutspende war unsere Herausforderung“, sagt Jonas Reinhardt, Mitgründer und Geschäftsführer des Kieler Start-ups Tricode. Der Wirtschaftsinformatiker machte mit seinem Team eine ebenso einfache wie geniale Idee zum Geschäftsmodell: eine Blutspende-App, die Spender:innen neue Anreize bietet und auf diese Weise die klinische Versorgung mit Blut stabilisiert.
Entscheidend ist eine verlässliche Beziehung zwischen Spender:innen und Klinik: Das geht zum Beispiel, indem man den Status der Spender:innen aufwertet, sie zu Held:innen macht.
„Entscheidend dafür war die Notwendigkeit, eine verlässliche Beziehung zwischen Spender:innen und Klinik herzustellen. Das geht zum Beispiel, indem man den Status der Spender:innen aufwertet, sie zu Held:innen macht“, erklärt Reinhardt das Grundprinzip. „Und Held:innen verdienen für ihre lebenswichtige Leistung Anerkennung, die über einen kleinen Geldschein nach der Spende hinausgeht.“ Anderthalb Jahre lang leistete Reinhardt mit seinen jungen Mitstreiter:innen Pionierarbeit. Er mietete ein kleines, aber gemütliches Büro mit vier Schreibtischen und einer Teeküche in der Kieler Innenstadt. Dann investierte das Viererteam viel Zeit in den intensiven Kontakt mit Transfusionsmediziner:innen des Kieler Universitätsklinikums und in Kongressbesuche. Es galt, eine App zu programmieren, die das Blutspenden so weit wie möglich erleichtert und zugleich einen echten Zusatznutzen bietet. Als die App unter dem Namen „Statusplus Blutspende“ (App Store/Google Play) pünktlich zum Weltblutspendetag am 14. Juni 2020 live ging, war das Echo nicht nur in der Fachwelt groß. Denn der neue virtuelle Blutspendeausweis leistet viel mehr, als bisher möglich war.
Das beginnt bei der Frage, ob man überhaupt zum Blutspenden geeignet ist. Mit einer einfachen Checkliste in sieben Punkten erhalten Anwender:innen schnell entscheidende Antworten. Wer „Statusplus“ verwendet, kann Blutspendetermine und -orte vereinbaren und bekommt nach jeder Spende eine Übersicht seines Blutbilds inklusive Verlaufsbetrachtung der einzelnen Werte. Wie sich bestimmte Parameter wie Eisenwerte oder Leukozytenzahl entwickeln, was sich daran ablesen lässt – die ansprechend und übersichtlich gestaltete App erklärt es mit kurzen, verständlichen Informationen. Doch damit ließ es Jonas Reinhardts Team nicht bewenden. Über die App ist es auch möglich, einzelne Blutspender:innen, etwa jene mit raren Blutgruppen, persönlich aktiv zu kontaktieren. Bisher funktionierte dies nur über Telefonate oder aufwendige Anschreiben per Post. Eine weitere große Innovation für Spender:innen: Durch die App können sie erfahren, wann genau ihre Spende zum Einsatz kommt. „Das geschieht natürlich anonym, aber für viele Anwender:innen ist dieser Aspekt eine wichtige Motivation, weiter regelmäßig spenden zu gehen“, erklärt Reinhardt.
In den vergangenen zwei Jahren haben wir mehr über Humanmedizin gelernt als in allen Staffeln von ‚Grey’s Anatomy‘ zusammen.
©Tricode
In nur vier Monaten wuchs die Userzahl von „Statusplus“ von null auf 7000, immerhin fast ein Viertel aller bei den Universitätskliniken in Kiel und Lübeck registrierten Blutspender:innen. Der Start mitten in der Covid-Pandemie verschaffte der App weiteren Rückenwind, da die Verknappung der Blutreserven einmal mehr zum öffentlichen Thema wurde. Die aktuelle Forschung zeigt indes, dass Coronaviren durch Blut nicht übertragbar sind. Keine Überraschung also, dass die Fachwelt inzwischen auf das Kieler Start-up aufmerksam geworden ist. Viele Kliniken und private Blutspendedienste haben Interesse an der App gezeigt, es regnet Preise. Zuletzt landete nicht nur der renommierte Innovationspreis der schleswig-holsteinischen Werner-Petersen-Stiftung in dem kleinen Kieler Start-up-Office, sondern auch die Auszeichnung als „Health-i Pioneer“ von Handelsblatt und Techniker Krankenkasse.
Dabei ist die Arbeit an der App noch lange nicht fertig. Mit den gesammelten Erfahrungen tüfteln Jonas Reinhardt, Nikita Segal, Benno Lauther und Kathrin Boersch an weiteren Features: Künftig kann es Social-Media-Funktionen, ein Bonusprogramm und Challenges für ganze Blutspendeteams geben. Die Balance aus Komplexität und Bedienerfreundlichkeit soll dabei gewahrt bleiben, ebenso der strenge Datenschutz und zugleich die medizinische Kompetenz. Sehr wahrscheinlich also, dass sich der Ritt auf der Erfolgswelle für die vier Protagonist:innen fortsetzt. Und mit ihm ein anderer Lerneffekt, wie Reinhardt lachend resümiert: „In den vergangenen zwei Jahren haben wir mehr über Humanmedizin gelernt als in allen Staffeln von ‚Grey’s Anatomy‘ zusammen.“
Hier App herunterladen für iOS Geräte
Hier App herunterladen für Android