"Ich fand es unheimlich spannend, dass man eben tatsächlich das, was man erforscht, nachher auch in den Markt bringt."

Bernd Buchholz im Gespräch mit Prof. Dr. Kathrin Adlkofer

Prof. Dr. Kathrin Adlkofer ist Gründerin und Geschäftsführerin des Unternehmens Cellbox Solutions. Mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz spricht sie darüber, wie das Start-up den Transport von lebenden Zellen ermöglicht, wie sich die USA und Deutschland bei den Investoren unterscheiden und was Prof. Dr. Adlkofer durch ihre olympische Vergangenheit gelernt hat.

 

 

 


 

 

Bernd Buchholz: Moin aus Kiel und herzlich willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts Echte Chancen. Mein Name ist Bernd Buchholz, ich bin Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und in meinem Podcast begrüße ich Menschen aus dem echten Norden, die mit Herzblut die Zukunft anpacken und gestalten. Wir sprechen über Erfolge und Perspektiven, über Chancen und Herausforderungen, natürlich auch über das, was Unternehmerinnen, Unternehmer, Macherinnen und Macher aus der Wirtschaft von Politik so wollen. Bei mir ist heute Frau Professor Dr. Kathrin Adlkofer, Gründerin und Geschäftsführerin von Cellbox Solutions, herzlich willkommen.


Prof. Dr. Kathrin Adlkofer: Ja, schönen guten Tag,


Frau Adlkofer. Professor Dr. Adlkofer. Professorin wofür?


Ich habe ja die Ehre, an der Universität zu Lübeck einer Honorarprofessur innezuhaben. Und ich darf Studenten unterrichten im Bereich von Firmengründung, also Entrepreneurship und als Honorarprofessorin macht es mir total viel Spaß, sehr angewandt zu unterrichten.


Klar, Unternehmensgründungen, eher Wirtschaftswissenschaften, obwohl sie ja gelernt aus einem anderen Bereich kommen.


Genau. Also eigentlich bin ich Molekularbiologen vom Training her, habe ich auch studiert in Zürich und promoviert an der ETH, Postdoc gemacht in den USA und bin dann tatsächlich nach Deutschland zurückgegangen. Habe dann aber einen Wechsel gemacht von der akademischen Laufbahn in die Wirtschaft, in die Biotechnologie und da durfte ich wahnsinnig viel lernen, wie man Firmen gründet. Ich habe dann auch einen Abstecher in Richtung Cluster Management gemacht. Ich habe sieben Jahre das Life Science Nord Cluster geleitet.


Haben Sie am Anfang Ihres Studiums mal darüber nachgedacht, dass Sie Unternehmerin werden wollen?


Nicht mit einer Sekunde. Das weiß ich genau.


Kommen Sie aus einem Unternehmerhaushalt?


Nein, aus einem akademischen Haushalt.


Also da ist nichts angelegt, wo man sagt, da fließt Unternehmerinnenblut in den Adern oder so. Nö, eigentlich nicht.


Also war auch wirklich nicht vorgesehen. Ich bin leidenschaftliche Wissenschaftlerin eigentlich. Und es macht mir unheimlich viel Spaß zu forschen. Aber diese Angewandheit, etwas in den Markt zu bringen, etwas an den Menschen zu bringen, das hat mich halt eben noch ein bisschen mehr fasziniert und das ist dann in der Tat nicht mehr Grundlagenforschung.


Frau Adlkofer, wann ist das passiert? Also ich sage mal, die Molekularbiologie spielt für Sie eine Rolle. Sie promovieren sich in diesem Bereich. Man forscht so vor sich hin und irgendwann macht es klick und man sagt: Mensch, das unternehmerische ist doch irgendwie toll.


Na ja, also sagen wir mal so, das war ja um 2000 rum, da gab es ja diese voluminöse Biotech-Blase. Also wenn Sie gesagt haben, ich habe da einen Antikörper, da floss sofort das Geld für junge Unternehmen und ich fand es unheimlich spannend, dass man eben tatsächlich das, was man erforscht, nachher auch in den Markt bringt. Und da hat es eigentlich so diesen Switch gemacht zu sagen, ich möchte eigentlich nicht nur immer akademisch grundlagig forschen, sondern ich möchte gerne was anderes machen, was halt am Ende den Menschen dann auch direkt zugutekommt.


Jetzt haben Sie eine Firma gegründet mit Sitz in Norderstedt und diese Firma heißt Cellbox. Was macht denn Cellbox?


Es gibt eine wunderbare Fraunhofer Einrichtung EMB, die tatsächlich sich mit Zelltechnologie beschäftigt, dort habe ich schon damals als Cluster Managerin diese Cell Box, nämlich ein Transportgerät, wo drin man Zellen transportieren könnte und sie nicht einfrieren muss, sondern lebend im Inkubator transportieren kann.


Ich muss noch einmal zurück auf das Fraunhofer EMB, ein Fraunhofer Entwicklungszentrum für Marine und zelluläre Biotechnologie. Wie sind Sie mit dem in Berührung gekommen?


Ich war ja Cluster Manager für Life Sciences und da war unter anderem das EMB auch in meinem Bezirk und einer der wichtigen und herausragenden Zentren. Also Lübeck hat einen Forschungsschwerpunkt und ich war da unheimlich gerne und da durfte ich damals schon die Cellbox in ihren… Also die Idee, es war kein Prototyp, nichts. Aber die Idee durfte ich mir damals schon angucken, fand ich spannend.


Bevor wir zur Cellbox kommen, noch mal kleines bisschen bei EMB. Die Idee vom EMB ist maritime zellbiolare... ja, was denn eigentlich? Da kann sich doch der normale Leser gar nichts darunter vorstellen, oder der Hörer. Worum geht es da eigentlich beim EMB?


Also Zelltechnologie. Also man arbeitet in der Biotechnologie mit Zellen und Zellen sind ganz, ganz wichtige Inkubationsgefäße, aus denen man wahnsinnig viel lernen kann oder die man nutzen kann. Zellen, aus denen wir bestehen, kann man auch in Kultur halten, aber auch aus dem Meer schöpfen. Man kann unheimlich viel aus dem Meer herausholen und mit dem arbeiten. Ob das im Bereich Ernährung ist, Medikamentenforschung und Kosmetik haben Sie hier auch. Da ist unheimlich viel Wert zu schöpfen.


Also alles, was rund um die Zelle sich entwickelt. Und jetzt kommt Frau Professor Dr Adlkofer, damals noch Dr. Adlkofer vorbei und stellt fest: Diese Zellen muss man transportieren. Und wie machen die das jetzt eigentlich? Wie haben die denn bis dahin gemacht?


Es ist ja tatsächlich so, dass Zellen wie sie heute sind, gerade zum Beispiel in der Zell- und Gentherapie, dass man die schlecht einfrieren kann, weil sie nach dem Transport, wenn man sie wieder auftaut, weniger sind und auch nicht mehr das machen, was man will. Aber bisher gab es keine andere Möglichkeit, als sie einzufrieren.


Also nur einfrieren war die Möglichkeit des Transportes?

 

Absolut. Im Moment ja. Auf Eis hat nicht funktioniert. Raumtemperatur sind sie sofort gestorben. Und da war ja eigentlich klar die Zellen lieben 37 Grad, wie im Körper, sie brauchen eine ambiente Situation mit CO2, damit es ihnen gut geht, ein Puffersystem, damit sie optimal in ihrer Flüssigkeit leben. Und das kann man herstellen, indem man so einen kleinen Inkubator hat, dort die Zellen rein tut, den stabil hält und von A nach B transportiert.


Ja, ist doch trivial. Geradezu kann ja jeder erfinden. Also wer mir jetzt nicht sofort eingefallen, Frau Adlkofer, aber Ihnen ist das sofort eingefallen.


Mir ist sofort eingefallen, dass es ein irre Marktpotenzial hat, weil am Ende des Tages wir uns immer weiterentwickeln. Zellen werden immer wichtiger, wenn sie sich angucken, was heute für Möglichkeiten der Therapie ist. Wenn wir die Zellen nicht optimal transportieren, werden wir nicht weiterkommen in unseren Therapiemöglichkeiten. Und von daher begleiten wir diese Innovation in der Medikamentenforschung mit einem Service, mit einer Logistikkomponente, also einem Prozess, der absolut wichtig ist.


Wie viel Forschungsarbeit steckt da drin in dieser Box?


Wir haben das ja auslizensiert. Also das heißt, wir haben die Firma gegründet, wir haben die Lizenz erworben und haben dann die Cellbox erst mal entwickelt, sodass überhaupt produktfähig ist. Und ich kann Ihnen sagen, das hat uns jetzt ein paar Jahre wirklich, also haben wir uns damit beschäftigen müssen: Wie kriegen Sie eine Box stabil, dass die immer, egal was für eine Außentemperatur ist, immer und egal ob sie im Flugzeug oder im Bus oder im Zug oder im Auto transportiert wird immer, innen drin genau exakt das gleiche Environment bietet. Das ist nicht trivial. Ich hätt's auch gedacht: Klingt doch einfach, schraube ich zusammen, alles gut. Aber nein, es ist wirklich unglaublich komplex und wir sind auch, ich muss sagen, ein bisschen stolz, dass wir es geschafft haben, dass wir in der Lage sind, als einer der einzigen eigentlich weltweit, zum Beispiel mit einem Flugzeug Zellen lebend zu transportieren.


Wir heißt jetzt was eine gelernte Molekularbiologin, die sich mit dem Aufbau der Zellen gut auskennt, aber jetzt ja mit der Mechanik einer Box nicht unbedingt irgendwie beschäftigt ist. Die holt sich jetzt Menschen dazu, die mit der Mechanik einer der Box umgehen und irgendwie auch mit Dingen zu tun haben, die CO2 produzieren, damit Zellen CO2 verbrauchen können?


Also in der Tat ist es so. Es ist ja erst einmal die Idee, dass man sagt: Hey, da ist ein Markt, dann guckt man sich das an, aber man ist ja immer nur so gut wie das Team. Und ich glaube, dass ich dafür ein Händchen habe, die richtigen Menschen zusammenzubringen und sie auf den richtigen Weg zu begleiten und auch in der Tat in der Lage bin zu sagen Das können vielleicht andere besser als ich. Und von daher habe ich ein wunderbares Team in der Entwicklung. Ich habe einen wunderbaren CEO, also einen, der jetzt tatsächlich die Firma leitet, der auch tatsächlich solche Produkte auf den Markt gebracht hat. Der Wolfgang Kintzel und ich, wir treiben diese Firma und entwickeln weiter. Und das ist, glaube ich, wichtig zu wissen, was man gut kann und was man vielleicht auch lieber anderen überlässt.


Das heißt, Sie würden sagen, Sie hatten eigentlich in Wahrheit die Idee und haben dann vor allem das Team zusammengestellt, dass das, was Sie als Idee umsetzt, jetzt. Wie lange gibt es die Firma schon?


2016 im Dezember gegründet. Und wenn ich jetzt sage, ich habe die Idee: Die Idee der Box selbst kommt vom Fraunhofer, die Idee, daraus ein Produkt in Markt zu bringen, wie es nachher aussieht, das ist in der Tat dann meine Arbeit gewesen. Aber ich möchte nicht mich mit fremden Lorbeeren schmücken, weil das haben die schon echt clever sich ausgedacht.


Und da werden jetzt auch solche Boxen richtig produziert in Norderstedt?


Also wir sind gerade dabei eine Produktionsschiene aufzubauen. Wir arbeiten auch eng mit Produktionsfirmen zusammen, aber wir wollen in Zukunft in Norderstedt… Natürlich, wir machen jetzt unterschiedliche Größen, kleinere, größere Boxen, wollen wir auch selber dort in Norderstedt produzieren.


Der geneigte Zuhörer sagt sich zunächst mal ein Menschenskinder, okay, die Idee klingt gut, aber da wird doch die Konkurrenz nicht schlafen. Die wird doch aufmerksam gucken, wie machen die das? Und dann kann man so was doch locker kopieren. Also wo sind die Konkurrenten, die das schon alles auch so machen, wie Sie gibt? Gibt’s die?


Absolut. Man muss schneller sein als die anderen. Und ich kann Ihnen sagen, alleine das, was wir alles da reingesteckt haben, um das Ding stabil zu kriegen, den Vorsprung haben wir. Zusätzlich haben wir auch Patente, die das Ganze schützen, so dass man tatsächlich sicher sein kann, dass das nicht ganz so einfach ist. Aber sie wissen ja selber, wie das ist. Es gibt Länder, wo auch schnell kopiert wird und denen Patente egal sind. Natürlich muss man sehen, dass man möglichst schnell in den Markt kommt.


Das Potenzial von Cellbox Solutions ist eindeutig. Wenn Sie heute sagen würden: Okay, in zehn Jahren wird Cellbox Solutions wie groß sein? Gibt es da die Firma noch oder hat sie inzwischen ein großer Pharmakonzern mit Geld erpresst, doch verkauft zu werden? Oder was ist passiert bei Cellbox Solutions in zehn Jahren?


Die Idee ist natürlich, so weit in den Markt zu kommen, dass man halt auch der Marktführer ist. Und das wird man sicherlich nicht ganz alleine schaffen, da wird man am Ende strategische Partnerschaften eingehen. Also ad 1 wir wollen dringend strategische Partnerschaften mit großen Unternehmen, die den Markt noch besser durchdringen können. Wir wollen neue, weitere Ideen entwickeln. Es soll nicht nur… wir haben jetzt zum Beispiel gerade ein kleines Logistikunternehmen noch gegründet. Also da ist noch ganz viel Musik dahinter, was davon dann vielleicht nachher jemand anders gehört, das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich glaube, das ist so ein Kristallisationspunkt für unheimlich viele spannende neue Produkte.


Wir haben ein kleines Logistikunternehmen gegründet, da wäre jetzt für mich sofort der Einfallspunkt zu sagen: Frau Professor Dr. Adlkofer hat nicht nur Cellbox Solutions gegründet, sondern unter anderem auch Vindex GmbH, Konzeptwerft GmbH. DiGA Factory GmbH. Was machen die denn alle?


Also der Fokus ist immer ein Stück weit auf Gesundheit und die Konzeptwerft sehr stark auf Sport. Wenn wir hier schon in Kiel sind, es geht um Segelsport und dort fokussieren wir uns auf die Vermarktung von Sport von Sportlern in der Hoffnung, dass wir sichtbarer unseren Sport, den wir so sehr lieben, machen können.


Also Segeln?

Segeln, genau.

Sie haben mal leistungsmäßig gesegelt.

Genau.

Sie waren mal sehr erfolgreich beim Segeln.

Ja.

Sie haben bei den Olympischen Spielen teilgenommen beim Segeln.

Ja.

Und Weltmeisterin sind Sie auch geworden?

Ja.

In welcher Klasse?


470. Damen olympisch.


Oh mein Gott, 470er. Also Jollesegeln?

Ja.

Also da, wo man so richtig nass wird im Wasser?


Das gehört dazu. Das ist auch das Schöne. Man ist beim Jollensegeln in diesem sogenannten High Performance Dinghies sehr nah am Wasser dran.

Wie lange haben Sie das betrieben, leistungsmäßig?


Ich war 16 Jahre in der Nationalmannschaft, bis ich 30 wurde.


Was hat diese Phase für Ihr späteres Leben bewirkt? Was haben Sie daraus mitgenommen? War das wichtig oder würde man sagen, ne, komm, also war jetzt was völlig anderes. War Sport, hat mit meinem späteren Leben nichts zu tun, Unternehmerin zu sein ist was völlig anderes. Oder gibt es da viele Learnings daraus?


Ich glaube Demut und mit Niederlagen umgehen können. Wieder aufzustehen, weiterzumachen, sich in schwierigen Situationen versuchen zurechtzufinden und es auch psychisch und mental hinzubekommen, ist etwas, was ich glaube als Leistungssportler, dass uns so etwas auszeichnet, wenn wir das mal durchgestanden haben, ja.


Also spielt schon immer noch eine Rolle, dass man da eine Menge Erfahrungen sammeln konnte?


Absolut. Also ich würde sagen, dass mich das sehr, sehr stark geprägt hat. Im positiven Sinne. Und da rede ich jetzt gar nicht von den Erfolgen, sondern von denen, wenn es mal nicht so läuft, wie gehe ich damit um? Wie umfahre ich den Eisberg? Ich glaube, dass das ganz wichtig ist für die Entwicklung.


Frau Professor Adlkofer, eine Gründerin im Jahr 2016 in Schleswig-Holstein. Was war das Schwierigste? Was war die größte Herausforderung beim Gründen einer Firma?


Am Ende geht es um Geld, es geht um eine Finanzierung, wie finanziere ich das? Wie schaffe ich tatsächlich mit einer Starthilfe so ein Unternehmen aufzubauen? Das ist ein großes Thema für die meisten. Und da fehlt auch häufig der Atem. Also der finanzielle Atem.


Was müsste es geben dafür, dass man da noch stärker unter die Arme greift? Ich sage mal, wir versuchen ja alles Mögliche von Seed- und Start-up-Fonds, also mit Staatskohle, tatsächlich Risikokapital zur Verfügung zu stellen. Aber in der Tat, ganz anders als in anderen Teilen der Welt ist dieses Risikokapital-Thema Venture Capital nicht besonders ausgeprägt in Deutschland. War es auch für sie jetzt bei der Gründung von Cellbox Solutions ein Hauptthema Finanzierer überhaupt zu finden.


Ja. Die WTSH hat uns da sehr unterstützt. Es ist in der Tat so, ich meine, ich habe es als Cluster Managerin erlebt. Ich habe es aber auch… Also die Zusammenarbeit dort und der Versuch ein Unternehmen zu begleiten, auch in der Finanzierung, das ist wirklich super. Ich glaube aber, dass man genau darauf achten muss, dass man eine Wirtschaftsförderung hat, die versteht, worum es geht. Also die nicht fern von und fremd, behördenmäßig, sondern tatsächlich auf Gründungen gucken kann, versteht, was wir brauchen, was junge Unternehmen brauchen und dort einem unter die Arme gegriffen wird.


Was brauchen junge Unternehmen neben der Finanzierungsfrage noch am ehesten als zweitwichtigstes Thema?


Also ich glaube, das ist ein Coaching. Ich begleite das auch jetzt. Als Professorin an der Uni begleite ich ein Unternehmen mit. Ich glaube, dass man Hilfestellung: Wie komme ich eigentlich zum Beispiel in einen Markt? Wie sehen die Regularien aus? Das Rad neu zu erfinden ist halt einfach falsch, weil idealerweise macht man nicht die Fehler noch mal neu, die vielleicht andere schon gemacht haben. Und wenn man in so einer Wirtschaftsförderung dort diese Hilfestellung bekommt auf eine unkonventionelle, schnelle Art, das ist zum Beispiel etwas, was ich auch sehr stark anregen würde.


Wir versuchen unsere Start-ups im Lande zurzeit oder in den letzten Jahren durch eine enge Kooperation mit einer Firma im Silicon Valley auch über den Tellerrand gucken zu lassen, weil es dann eine ganz andere Mentalität gibt. Weil wir ja feststellen, dass bei den Gründungen in Deutschland ganz viel geguckt wird. Absatzmarkt so deutschsprachig, vielleicht irgendwie Dachmarkt oder sonst was. Und wer mal in den USA unterwegs war und gehört hat, was die Gründer da im Kopf haben. Da wird der Weltmarkt adressiert, da wird groß gedacht, da wird dementsprechend auch mit großen Geldern sofort agiert. Eine Mentalität, die uns vielleicht auch nicht so eigen ist. Und trotzdem müssen wir, glaube ich, viel davon lernen und da rüber gucken. Hat Schleswig-Holstein jedenfalls gutgetan, das zu tun. Inzwischen orientieren sich viele Gründerinnen und Gründer nach Schleswig-Holstein. Wir sind im Monitoring der Gründerinnen und Gründer von Platz 10 auf Platz drei in den bundesweiten Rankings gekommen. Das ist ganz hübsch, aber in Wahrheit fehlt es immer noch an dieser Mentalität, an diesem Mut. Woran liegt's?


Ich glaube das ist ein kulturelles Thema. Ja, das muss man einfach sagen. Wir Deutschen sind halt einfach konservativ. Ja, wir gehen konservativer mit unseren Werten um. In den USA müssen Sie mindestens eine Firma an die Wand gefahren haben, damit man Sie überhaupt ernst nimmt. Da werden Sie nicht gleich für immer verbannt, weil Sie da vielleicht nicht in dem Moment richtig agiert haben. Dieses Risiko, auch Risikokapital, wird da ganz anders gesehen, als es hier gesehen wird. Ich will gar nicht sagen, das ist so viel, dass es so schlecht ist. Nur, ich glaube, wenn man junge Unternehmen…. Wenn man in 20 Unternehmen investiert, da ist sicherlich ein Volltreffer dabei. Das heißt aber, da gehen sie natürlich große Risiken ein. Und da sind wir Deutschen meiner Meinung nach eher konservativ.


Wir kommen mehr von der Sicherheitsseite. Warum haben Sie trotzdem in Deutschland gegründet? Das wussten Sie ja?


Gut, jetzt bin ich Deutsche. Ich habe eine Familie. Ich habe Kinder. Ich kann nicht einfach jetzt mal schnell ins Silicon Valley hüpfen und dort gründen. Und ich muss auch sagen, mir gefällt es in Deutschland sehr, sehr gut. Mir gefällt's hier sehr im Norden und ich habe eigentlich gar nicht vor, nur weil ich jetzt beruflich in der Biotech-Szene bin, sofort das Land zu wechseln. Und ich bin der Meinung, wir Deutschen sind unheimlich kreativ, wir sind unheimlich innovativ und ich finde, das sollten wir uns bewahren und das sollten wir auch weiter so tun. Und da leiste ich gerne einen Beitrag.


Das finde ich super, weil in Wahrheit wir ja auch gerade in der Pandemie gesehen haben, also der Impfstoff, der Erste, kam aus Deutschland. Jedenfalls hier entwickelt. Also wir sind innovativ. Manchmal stellen wir unser Licht etwas unter den Scheffel und manchmal tun wir so, als ob alles nur ganz furchtbar ist bei uns. Aber man kann glaube ich auch, jedenfalls versuchen wir das jetzt mal von der Regierungsseite in Schleswig-Holstein aus, eine Atmosphäre zu schaffen, die Gründen dann doch einfacher macht und vielleicht ein bisschen simpler. Frau Professor Dr. Adlkofer hat in Schleswig-Holstein gegründet, nachdem Sie jahrelang zuvor, das müssen wir noch kurz ein bisschen lüften, das Geheimnis, das Life Science Cluster Nord geleitet hat. Life Science verbindet Unternehmen der Gesundheitswirtschaft Medizintechnik auch ein Stückchen der Ernährungswirtschaft im Norden, insbesondere als gemeinsames Cluster von Hamburg und Schleswig-Holstein. Wann haben Sie damit angefangen, das zu leiten, dieses Cluster?

2005.

Wissen Sie noch, wie viele Unternehmen damals dazu gehörten? Am Beginn?


Das kann ich Ihnen leider nicht mehr sagen. Es waren deutlich weniger. Also wir haben schon echt was geschafft. Es war aber auch sehr zersplittert. Wir mussten ja überhaupt erst mal eine Bestandsaufnahme machen. Und wir haben so sukzessive eigentlich erst mal die ganzen Unternehmen darauf aufmerksam gemacht: Hey, im Norden, wir können auch zusammenarbeiten. Waren auch sehr erfolgreich. Wir sind wirklich sichtbar geworden in den sieben Jahren, wo ich dafür arbeiten durfte. Und ich glaube, wir haben so einen guten Stein gelegt, einen Grundstein gelegt, um tatsächlich ein Life Science Cluster zu sein, was sich wunderbar vergleichen lässt mit anderen in Deutschland.


Mit dem Nachfolger von Ihnen, mit Hinrich Habeck, habe ich auch einen Podcast gemacht hier. Und wir haben gemeinsam festgestellt, wie gut es dem Land getan hat, dass wir gerade in diesem Bereich einem Rückenwindmarkt der Zukunft, einem Markt, in dem auf jeden Fall Wachstumspotenziale drin sind, einen großen Footprint auch im Norden zu haben. Und ich glaube, inzwischen nimmt man uns wahr für diese Gesundheitswirtschaft Medizintechnik, für dieses Life Science Cluster in ganz Deutschland. Also da ist Ihnen gemeinsam mit ihrem Nachfolger wirklich etwas Großes gelungen, was mit Cellbox Solutions auch schon anfangs gelungen ist, wofür man Ihnen dann für die Zukunft nur noch viel, viel Glück wünschen kann, dass Sie damit auch richtig erfolgreich sind. Jetzt frage ich noch mal die Frau Professorin, die Unternehmensgründungen lehrt: Was erzählen Sie denn den Studenten? Was ist die wichtigste Eigenschaft, die man haben muss, wenn man ein Unternehmen gründen will?


Man muss komplett realistisch sein. Ich glaube, man muss ein wirklich gutes Team finden. Man kann das nicht alleine. Und wenn man auf den Gedanken kommt, ich gründe eine Firma, ich bin hier der König oder die Königin. Ich glaube, es ist wichtig, das richtige Team zu finden. Und ich glaube, dass es auch wichtig ist, immer zu gucken: Bin ich an der richtigen Stelle? Was muss ich eigentlich tun? Und ein Thema, was ganz wichtig ist. Man glaubt, es ist alles total einfach auf einem Blatt Papier und die Realität ist eine komplett andere. Und das muss man einfach sich… Dem muss man sich sehr bewusst sein.


Bei mir ist heute Frau Professor Dr. Kathrin Adlkofer, sie hat eine Firma 2016 in Schleswig-Holstein gegründet, nachdem sie bei Olympischen Spielen erfolgreich Jollen gesegelt hat. Sie hat ein Life Science Cluster in Schleswig-Holstein erfolgreich geführt und Firmen gegründet. Vielen Dank, dass Sie heute dabei waren. Zum Schluss dieses Podcast stelle ich immer noch so Fragen, so ganz kurze mit der Bitte, auch kurz zu antworten. Die erste Frage lautet: Mein liebster Ort in Schleswig-Holstein ist…


Na ja, Kiel, Schilksee. Da bin ich groß geworden.


Das ist für die Seglerin jetzt irgendwie nachvollziehbar. Die Gründung meines Unternehmens bedeutet für mich…


…, dass ich das tun kann, was ich immer tun wollte.


Und die Molekularbiologie ist besonders faszinierend, weil…


…, weil es unheimlich viel zu erforschen gibt und weil es… Ich bin einfach ein wahnsinnig neugieriger Mensch und da sind wir noch lange nicht am Ende.


Danke, dass Sie dabei waren. Danke, dass Sie zugehört haben. Tschüss und bis zum nächsten Mal, wenn ich in einem neuen, spannenden Podcast einen neuen, spannenden Gast aus Schleswig-Holstein bei „Echte Chancen“ begrüßen darf.