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Cookie Einstellungen ÖffnenOve Petersen beschäftigt sich beruflich seit mehr als zehn Jahren mit der Erzeugung und dem Vertrieb Erneuerbarer Energien. Mit Wirtschaftminister Bernd Buchholz diskutiert der Geschäftsführer von GP Joule in Folge #3 des Podcasts „Echte Chancen“ über Genossenschaftsmodelle im Bereich Wasserstoff, nachhaltige Mobilität und Wege zur Energiewende.
Bernd Buchholz: Moin aus Kiel und herzlich willkommen zu einer weiteren Folge meines Podcasts „Echte Chancen“. Mein Name ist Bernd Buchholz, ich bin der Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, und in meinem Podcast diskutiere ich mit Menschen aus dem echten Norden, die mit Herzblut die Zukunft anpacken und gestalten. Wir sprechen über Erfolge und Perspektiven in den Zukunftsbranchen in Schleswig-Holstein, über Chancen und bevorstehende Herausforderungen und natürlich auch darüber, was Unternehmerinnen und Unternehmer und Macherinnen und Macher aus der Wirtschaft von der Politik so erwarten. Heute ist ein Mann bei mir zu Gast, der sozusagen immer unter Strom steht. Ove Petersen ist Gründer und CEO von GP Joule, einem Unternehmen aus Schleswig-Holstein. Herzlich willkommen, Ove Petersen.
Ove Petersen: Herzlichen Dank, dass ich hier sein darf.
Herr Petersen, was macht GP Joule?
GP Joule baut, plant und betreibt Erneuerbare-Energie-Anlagen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit der Stromerzeugung und damit, wie der Strom der erneuerbaren Energien in alle anderen Bereiche kommt. Zum Beispiel in E-Mobilität in Form von batterieelektrischen Fahrzeugen, über Ladeinfrastruktur und zusätzlich über Wasserstoff. Wasserstoff nicht nur als Energieträger für den Verkehr, sondern auch für die Industrie und für den Wärmebereich. In der Summe versuchen wir, hier in Schleswig-Holstein Wirtschaftssysteme zu entwickeln, die nachhaltig sind.
Also alles, was mit erneuerbaren Energien und der Umwandlung von erneuerbarem Strom zu tun hat. GP Joule heißt die Firma, wofür steht GP?
GP steht für Gärtner Petersen. GP Joule ist ein Produkt aus dem landwirtschaftlichen Studium, wo ich Heiner Gärtner kennengelernt habe. Wir haben zusammen Landwirtschaft studiert und nach dem Studium beide unsere Höfe zu Hause übernommen. Er in Bayern, ich in Schleswig-Holstein. Aus einem Urlaub von Heiner Gärtner in Nordfriesland ist dann 2003 die Idee entstanden, dass wir uns neben der Landwirtschaft um Solarenergie kümmern. 2004 haben wir bereits den ersten Solarpark in Bayern gebaut und 2005 in Schleswig-Holstein. Ende 2008 haben wir gesagt, was wir gelernt haben, könnten wir eigentlich noch mal richtig umsetzen. Wir haben die Landwirtschaft an den Haken gehängt, einem Verwalter übergeben und GP Joule gegründet.
Also erst mal ist da der Sohn eines Landwirts, der selbst Landwirtschaft studiert. Und der das Ganze dann an einem Ort in Nordfriesland an der Westküste betreibt.
Ganz genau, in der Gemeinde Reußenköge, wo auch der Hauptsitz unserer Firma ist.
Wie kommt man als Landwirt auf die Idee, etwas mit Solarenergie machen zu wollen?
Als Landwirt ist man immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, mit seinen Flächen und Ressourcen zusätzliche Einkünfte zu generieren. Warum Solar? Weil Wind schon besetzt war (lacht). Die Windentwicklung ist Anfang der Neunziger in Nordfriesland gestartet. Ich bin dort neben einer Windkraftanlage groß geworden, die bereits 1986 ans Netz ging, sodass die Affinität für erneuerbare Energien schon immer da war. Auch von meiner Familie, mein Vater war Geschäftsführer eines Windparks. Aber Solar schien uns eine lukrative Möglichkeit zu sein. Auf der einen Seite hat das mit den guten Förderungen in den Anfangsjahren zu tun. Auf der anderen Seite aber auch, weil man weiß, dass die Sonnenenergie durch eine Fotovoltaikzelle gegenüber der Fotosynthese ungefähr den zwanzigfachen Wirkungsgrad hat. Die Fotosynthese haben wir mit unserem Weizen- und Maisanbau betrieben.
Das wussten Sie natürlich, weil Sie Landwirt sind. Aber für Solarenergie hat man ja nicht unbedingt das Know-how, das man mitbringen muss, um so eine Firma aufzubauen.
Heiner Gärtner ist sehr technikaffin, und wir haben uns natürlich schlaugemacht in den Jahren. Das war auch der Grund dafür, warum wir Ende 2008 gesagt haben, dass wir mehr aus unserem angereicherten Know-how machen sollten. Wir hatten eine kleine Firma neben der Landwirtschaft, die hieß GP Energiekonzepte. Da haben wir uns gesagt, wenn wir richtig einsteigen wollen, dann ist jetzt der beste Moment. Denn der Markt war gut, und die Nachfrage war da. Wir konnten Flächen sichern, darauf Solaranlagen bauen und sie an Investoren bringen. Das war ein entscheidender Schritt.
Das klingt so, als wäre GP Joule quasi 2008 auf dem Hof entstanden. Bis zu zehn Mitarbeiter, das klingt wie eine kleine Firma. Wie viele Mitarbeiter haben Sie heute?
Heute sind in der GP Joule Gruppe ungefähr 300 Mitarbeiter, und wir haben außerdem einen Tochterstrang, da bauen wir Elektrolyseure, da sind noch mal ungefähr 60 Mitarbeiter.
Also 360 Menschen, die innerhalb von zwölf Jahren in dieser Firma als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angestellt wurden. Sie setzen dabei nicht nur auf Solar, sondern vor allem auf einen Zukunftsstoff: Wasserstoff.
Absolut. Wir haben schon 2010 unsere erste Investition in Wasserstoff getätigt, als wir die Tochtergesellschaft H-TEC SYSTEMS übernahmen. Damit haben wir unsere ersten Gehversuche im Wasserstoff gemacht. Ich komme aus Nordfriesland, da war 2009 bereits genügend Windstrom vorhanden. Es haben Abschaltungen stattgefunden. Uns war klar, dass wir irgendwann neue Märkte für unsere Energie brauchen. Nicht nur den Strom im Strommarkt zu verkaufen, sondern den Strom aus dem Strommarkt herauszubringen und in einen Energiemarkt hineinzubringen: in die Mobilität, die Wärme, ihn für die Industrie bereitzustellen.
Deshalb sind Sie in das Wasserstoffgeschäft eingestiegen, als Sie entschieden, wir bauen selbst Elektrolyseure.
Das war der erste Schritt. Natürlich kann man gern Elektrolyseure bauen, aber wenn keiner grünen Wasserstoff abnimmt, dann brauche ich sie gar nicht erst. Es fing noch ein bisschen kurioser an. Die Firma hat nicht nur Elektrolyseure für diesen Gewerbebetrieb gebaut, sondern wir haben auch Lehrmittel für Schulen hergestellt. Diese Lehrmittel für Schulen waren quasi Baukästen, wie man eine Brennstoffzelle, also kleine Elektrolyseure, zusammenbaut. Zum Beispiel kleine Modellautos, die mit Wasserstoff fahren. Solche Lehrmittel haben wir konstruiert. In Lübeck bauten wir dies auf und haben es sechs, sieben Jahre lang betrieben. H-TEC Education hieß das. Wir mussten sie dann aber leider einstellen, da wir keinen Absatz mehr in den deutschen Schulen und in den Ausbildungsbetrieben gefunden haben. Vielleicht waren wir auch unserer Zeit ein bisschen voraus, denn jetzt, muss man sagen, ist der Markt im Gang. Es kommt nun langsam dazu, dass grüner Wasserstoff benötigt wird, weil wir erkannt haben, was für ein wichtiger Energieträger das ist und was für eine systemische Relevanz er hat.
Wir müssen einen Zwischenschritt noch einmal nachvollziehen. Sie haben vorhin gesagt, das haben Sie dann in Lübeck gemacht. Nun waren wir vorhin noch auf der anderen Seite, in Nordfriesland an der Nordsee in Reußenköge, wo die Firma auch heute noch sitzt, und dann gibt es Lübeck. Da haben Sie also eine Außenstelle?
Genau. Damals war der Sitz von H-TEC, der Firma, die wir übernommen haben, in Lübeck, wo wir mittlerweile auch ein GP-Joule-Büro haben. Kurz zur geografischen Einordnung: Wir haben unseren Hauptsitz in Nordfriesland, da sitzen ungefähr 150 Mitarbeiter. Dann haben wir noch weitere Standorte in Bayern, in Baden-Württemberg, in Berlin und eben auch in Lübeck.
Es gibt noch etwas, das Sie in Übersee in San Francisco gemacht haben. Das müssten Sie kurz erklären.
In San Francisco haben wir ein kleines Büro, aber unser Hauptsitz in Nordamerika ist seit 2011 in Toronto, in Kanada. Dort sitzen knapp 30 Mitarbeiter. In Nordamerika planen und bauen wir ausschließlich Solaranlagen auf der freien Fläche. Darauf haben wir uns spezialisiert. Zum Beispiel haben wir in der Nähe von San Francisco einige Solaranlagen gebaut. Da gibt es sogenannte Net-Metering-Projekte. Damit man den Strom, den man dort erzeugt, auch gleich verbrauchen darf, zum Beispiel mit Wasserpumpen für die Bewässerung der Weinreben. Diese Modelle sind schon sehr fortschrittlich, deutlich affiner für lokale Lösungen. Das liegt aber auch daran, dass sie dort eine schlechtere Infrastruktur für Stromleitungen haben.
Zurück nach Nordfriesland. Wasserstoff ist eines der großen Themen, auch politisch. Sie machen ein besonderes Projekt an der Westküste, das heißt eFarm. Was ist das für ein Projekt?
eFarm ist ein Projekt, das wir vor viereinhalb Jahren gestartet haben, bei dem wir an fünf Standorten Wasserstoff produzieren. Dort stehen Elektrolyseure relativ eng an Windkraftanlagen. Bei der Wasserstoffproduktion fällt neben Wasserstoff auch Sauerstoff und Abwärme an. Diese Abwärme koppeln wir aus dem Prozess heraus, sodass wir eine sehr hohe Effizienz bei der Erzeugung des Wasserstoffs haben. Dann wird der Wasserstoff zu zwei Wasserstofftankstellen gefahren, eine in Husum und eine in Niebüll. Wir haben in diesem Projekt zwei Wasserstoffbusse angeschafft, die dann vom öffentlichen Nahverkehr betrieben werden. Das Projekt ist aus zwei Gründen entstanden. Einmal, ganz klar, um die Akzeptanz für erneuerbare Energien zu stärken. Und auf der anderen Seite, um endlich einen Zusammenhang zu schaffen, einen lokalen Nutzen zu stiften durch die Windenergie. Nicht nur die Gewerbesteuer, sondern dass man tatsächlich auch mal sieht: Wenn die Windkraftanlagen drehen, dann produziere ich hier vor Ort Wasserstoff und betreibe damit Busse oder Autos oder Lkw. Unsere Tankstellen können alle drei Fahrzeugarten betanken, das ist fast einzigartig in Deutschland. Zusätzlich haben wir es geschafft, 19 weitere Unternehmen und Gesellschafter mit in die Gesellschaft zu bringen, die dann wieder dafür sorgen sollen, dass mehr Wasserstofffahrzeuge angeschafft werden und diese wiederum bei den Tankstellen tanken. Eine Art Genossenschaftsmodell.
Es gibt viele, die nach wie vor sagen, lass den Strom, den ihr da aus Wind oder Fotovoltaik produziert, nur als Strom ableiten, die Produktion von Wasserstoff ist ein fürchterlicher Verlustbringer. Was sagen Sie denen?
Ja, diese Logik wäre denkbar. Es stört uns, dass nicht erkannt wird, welch systemische Relevanz Wasserstoff hat. Ein Elektrolyseur, der den Wasserstoff erzeugt, kann neben der Erzeugung von Wasserstoff auch dem Stromnetz Last abnehmen. Das heißt, er entlastet uns beim Stromnetzausbau und kann auch noch Wärme produzieren. Zudem muss man sagen, dass wir nicht den gesamten Strom oder die Energie, die wir brauchen, in Batterien zwischenspeichern können. Das ist unmöglich. So viele Batterien können wir nicht vorhalten. Wenn man das berücksichtigt, dann ist Wasserstoff extrem lukrativ.
Sie sind einer der innovativen Köpfe, die vieles vorangetrieben haben, und zeigen gerade mit dem eFarm-Projekt auf dezentrale Art und Weise, was wir alles aus Strom hier machen können, was in der Region für die eigene Energieerzeugung getan werden kann.
Man darf nicht vergessen, diese Wertschöpfungskette, die wir gerade in Nordfriesland aufgebaut haben, gab es vorher nicht. Man hat vorher keinen Treibstoff produziert. Der kam eigentlich immer aus der Raffinerie aus Heide. Diese neuen Wertschöpfungsketten können wir jetzt multiplizieren und so unseren Wohlstand selbst generieren. Denn zum Wohlstand brauchen wir Energie, und das nicht zu knapp. Und wenn wir es endlich mal selber in der Hand haben, diese Ressource zu produzieren, dann kann Schleswig-Holstein da eine federführende Rolle einnehmen.
Wenn Sie der Politik in Schleswig-Holstein, also auch mir, etwas auf den Weg geben wollen, wo hapert es noch, wo ist noch Sand im Getriebe, wo fehlt es an Dingen, die wir unbedingt tun müssen, damit wir auf diesem Weg im Norden richtig weiterkommen?
Die Landespolitik muss die Verantwortung dafür übernehmen, dass wir einen Wasserstoffabsatz schaffen, dass wir den Markt anreizen. Sodass wir die Produktion in den Griff bekommen, kostengünstiger und effizienter werden. Zudem brauchen wir hier in Schleswig-Holstein ein gutes Umfeld, um weiterhin auch Unternehmen wachsen zu lassen. Ich bin tatsächlich mit 150 Mitarbeitern hinter dem Deich, aber wir brauchen in erster Linie digitalisierte Standorte. Wir brauchen gute Breitbandnetze und 5G bei uns – nicht nur im Hamburger Raum, sondern auch im ländlichen Bereich, wenn wir Unternehmen hier halten wollen. Und wir brauchen gute Ausbildung. Wir müssen jetzt in unsere Jugend investieren, damit sie weiter daran arbeitet. All das, was wir jetzt angestoßen haben, muss noch effizienter, noch besser in die Wirtschaftssysteme übertragen werden. Dafür müssen wir in Bildung investieren und brauchen gute Hochschulen, die wir weiterhin fördern können. Wir profitieren auch von der Hochschule in Heide und in Flensburg als Standort. Von daher bekommen wir viele Absolventen. Aber wir müssen eben auch den nächsten Schritt hinbekommen, dass sie dort klar den Fokus auf die Digitalisierung setzen. Digitalisierung wird im Verkehr eine ganz große Rolle spielen und auch bei der Erzeugung von Wind und Solarstrom.
Das zeigt, da sitzt ein kreativer Unternehmer an der Westküste Schleswig-Holsteins in Reußenköge. Rekrutiert seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Hochschule in Heide und Flensburg, kriegt aber auch die Mitarbeiter dort zusammen. Sie sind ja ein innovatives, aber genau dadurch für junge Leute attraktives Unternehmen, um dort zu arbeiten.
Absolut. Ich glaube, uns zeichnet aus, dass unsere Mitarbeiter schon vor fünf Jahren Elektroautos gefahren sind. Wir haben das bereits vorher gefördert und versuchen damit auch gewisse Trends zu setzen, und da sind die Mitarbeiter sehr affin drauf. Wir wollen auch unser Team in der Form gut behandeln, denn eines ist bei GP Joule ganz offenkundig: Wir haben nicht unbedingt coole Produkte, aber wir können gute Lösungen anbieten, und die hängen an den Köpfen unserer guten Mitarbeiter.
Und dafür müsst Ihr sie gut behandeln. An der Energieküste im Westen Schleswig-Holsteins, wo Sie zu Hause sind und wo eine hochkreative Firma unterwegs ist mit GP Joule. Es hat mich sehr gefreut, Herr Petersen, dass Sie heute dabei sind. Bei mir machen wir zum Schluss immer eine schnelle Fragerunde mit kurzen Fragen und knackigen Antworten. Die besten Ideen habe ich …
Die besten Ideen habe ich, wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin.
Mein liebster Ort in Schleswig-Holstein ist …
… tatsächlich mein alter Bauernhof im Cecilienkoog.
Am meisten inspiriert hat mich …
… meine Zeit als Verantwortlicher in Nordamerika.
Ove Petersen ist bei mir gewesen und hat ein bisschen was erzählt, was für kreative, innovative Potenziale in Menschen an der nordfriesischen Küste schlummern, und man hat gemerkt, dass da noch viel mehr kommen wird die nächsten Jahre. An Ideen scheint es Ihnen nicht zu mangeln, schön, Ove Petersen, dass Sie bei mir waren, herzlichen Dank. Und ich freue mich darauf, dass beim nächsten Mal wieder ein so interessanter Gast kommt. Ihnen ein herzliches Dankeschön fürs Zuhören.