"Die Arbeitswelt verändert sich fundamental und das wird auch Auswirkungen auf unsere Produkte haben."

Bernd Buchholz im Gespräch mit Per Ledermann

Per Ledermann ist Vorstandsmitglied des Familienunternehmens edding. Mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz spricht er darüber, wie dem Unternehmen der Schritt in die Digitalisierung gelang, über das erste edding-Tattoostudio in Hamburg und seinen Kindheitshelden Dr. Dolittle.

 

 


 

 

Bernd Buchholz: Moin aus Kiel und herzlich willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts Echte Chancen. Mein Name ist Bernd Buchholz, ich bin Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und begrüße in dieser Reihe Menschen, die das Land prägen, meist auf eine Art und Weise, wie man es nicht unbedingt vermutet, aber unternehmerisch, forscherisch, wissenschaftlich oder anders. Heute Abend sitzt ein Unternehmer vor mir. Per Ledermann leitet edding. Guten Abend, Herr Ledermann.


Per Ledermann: Schönen guten Abend. Vielen Dank, dass ich hier sein darf.


Sehr gern, denn bei edding, dem schwarzen edding, den man rausholt, um, was weiß ich, zu beschriften, den hat irgendwie jeder jetzt bildlich sofort im Kopf. Ein Traditionsunternehmen, von dem man gar nicht unbedingt weiß, dass es in Schleswig-Holstein zu Hause ist.


Das ist so und viele denken tatsächlich auch wegen des Namens, haben wir eher so einen anglo-amerikanischen Bezug, dass das irgendwie… neulich sagte einer „Ich dachte immer das wär „editing“ zusammengezogen oder so was und dadurch einen Kunstname“. Aber tatsächlich geht es auf einen der beiden Gründer zurück, der leider im April diesen Jahres verstorben ist, nämlich Karl Wilhelm Edding. Und von daher tragen wir immer noch mit Stolz seinen Namen.


Der Gründer, der diese Firma wann gegründet hat?


1960, zusammen mit meinem Vater, zwei Schulfreunde, die sich, nachdem sie durch die Welt getingelt sind, irgendwann wiedergefunden haben und wo der eine, eben Herr Edding, bei einem japanischen Geschäftsfreund so einen, man kann noch gar nicht sagen so einen Marker oder so, gesehen hat. Das war mehr damals ein Fläschchen, wo so ein Filz drin steckte oben, und den hat er ihm abgeschnackt und kam damit zu meinem Vater und hat gesagt: „Biete das doch mal deinem Chef an“, mein Vater hat damals bei einer Firma gearbeitet, die Büromaterialien verkauft hat, „Ob die interessiert sind?“. Der hat abgewunken und dann haben die beiden gesagt: Komm, das versuchen wir selbst. Haben dann, 1960 war das ja alles nicht so einfach, ohne irgendwelches Kapital nach Japan hauptsächlich Briefe geschrieben, mit Übersetzungshilfe von einer befreundeten Japanerin die hier lebte, und dann tatsächlich den Hersteller überzeugt, ihnen mit 120 Tagen Zahlungsziel eine größere Ladung der Stifte nach Deutschland zu schicken, die sie dann sehr schnell geschafft haben zu verkaufen, um innerhalb von 120 Tagen ihre Schulden nach Japan wieder zu bezahlen.


Stifte zunächst mal in Japan eingekauft, also filzartige Stifte, die es zu diesem Zeitpunkt in dieser Form so in Deutschland nicht gab.


Genau die gab es insgesamt in Europa so noch nicht. In Japan gab es so ähnliche Geräte, das kommt dann so aus der Kalligrafie. Da gab es die unterschiedlichsten Arten und Weisen, wie man eben auch dickere Markierungen aufgetragen hat oder eben auch viel dann künstlerisch sich damit betätigt hat. In Deutschland gab es natürlich den Pinsel, aber für so einen technischen Einsatz, sind sie dann gerade auch sehr schnell in der Logistik groß geworden damals. Für die Kartonbeschriftung gab es nicht so eine richtige Lösung und das war dann tatsächlich der Kick, der dann den Boom ausgelöst hat, auf dem wir uns viele Jahrzehnte bewegen durften.


Und die Firma war schon immer angesiedelt in Schleswig-Holstein?


Ganz zu Anfang, Herr Edinng lebte, damals sagte man glaube ich dazu als möblierter Herr, bei einer älteren Dame. Dort hatte er ein Zimmer in Hamburg und da gab es dann noch kein anderes Büro. Und dann gab es irgendwann noch einen Keller in Barmbek, der noch mit angemietet wurde. Dann wurde es weiter größer und damals gab es dann noch Zonen-Rand-Förderung und das führte dann nach Ahrensburg.


Per Ledermann hat als Sohn gedacht: Ich lerne mal was, ich studiere mal was und mache mal was und übernehme mal die Firma meines Vaters? Oder am Anfang eher gar nicht so?


Nee, am Anfang eher gar nicht so. Die Helden meiner Kindheit waren eher so Dr. Dolittle und deswegen ging alles immer sehr stark in Richtung den Gedanken, auch vielleicht Tierarzt zu werden und sonstiges. Und ich hatte das große Glück, dass mein Vater auch keinerlei Druck in irgendeiner Form ausgeübt hat. Das war nie seine Überzeugung. Er hat immer gesagt: „Werde glücklich mit dem, was dich antreibt.“ Und insofern hatte ich da auch alle Freiheiten und habe ich auch ein paar Praktika und so was gemacht. Aber bin dann nach dem Studium oder nach der Schule dann ins Jurastudium gegangen.


Jurastudium warum?


Ich kann es gar nicht mehr so richtig sagen. Wie gesagt, ich glaube, in dem Moment nach der Schule habe ich gesagt: Mensch, mich so eine Zeit lang irgendwie in die Bibliothek verkriechen und so was bringt vielleicht auch Spaß. Und wenn schon studieren, dann irgendwie auch richtig. Und dann bin ich aber nach dem Studium in die USA gegangen, habe da dann noch einen MBA gemacht und war dann irgendwann doch auf der wirtschaftlichen Ecke unterwegs. Ich bin dann in der Beratung eine Zeit gewesen und irgendwann gab es dann so einen ganz komischen Moment. Da saßen wir damals schon mit einer jungen Familie, wir haben schon früh Kinder gekriegt, meine Frau und ich, das heißt mit so langsam Ende zwanzig, mit zwei kleinen Kindern saßen wir im Oman und dann rief mein Vater an und sagte: „Du ich wollte dir nur mal sagen, bei uns steht jetzt mal wieder ein Vorstandswechsel an. Und ich wollte nur mal fragen: Kannst du dir vorstellen ins Unternehmen zu kommen oder nicht?“ Und das war das erste Mal, dass wir so bewusst darüber nachgedacht haben. Und dann habe ich mit meiner Frau zwei, drei Nächte im Oman in der Wüste auf einem Berg überlegt: Mensch, wie soll jetzt unser Leben weitergehen? Und haben wir gesagt, vielleicht braucht es einfach diesen Moment? Und dann war ich ein paar Monate später bei edding und habe es seitdem nie bereut.


Es ist ja durchaus eine Herausforderung, wenn Vater einem so die Latschen dahinstellt, die Schuhe, die recht groß sind. Man übernimmt eine Verantwortung dafür für ein Unternehmen, das ja einer aufgebaut hat, der auch sicherlich dabeibleibt und zuguckt. Und macht das einem nicht so ein bisschen einen ganz engen Hals am Anfang?


Na ja, das ist schon mit großem Respekt und auch sehr viel Demut, dem man sich dem Ganzen nähert. Ich hatte ein tolles Team um mich herum. Ich hatte einen großartigen, sehr erfahrenen Aufsichtsratsvorsitzenden, der über 20 Jahre lang bei uns im Vorstand tätig war. Und mein Vater hat etwas gemacht, was ich ihm bis heute nicht hoch genug anrechnen kann. Er hat gesagt, er war damals Aufsichtsratsvorsitzender, „Wenn du jetzt ins Unternehmen kommst, dann gehe ich sofort aus dem Aufsichtsrat raus, weil ich möchte dich nicht kontrollieren. Du weißt aber, wann immer du was möchtest, kannst du zu mir kommen. Ich werde zu dir aber nicht kommen.“ Und das hat er vom ersten Tag an eingehalten.


In der Tat, so ein Übergang, so eine Unternehmensnachfolge, die ist ja nicht nur für denjenigen, der als Nachfolger dabei ist und die auch schwer für denjenigen, der loslassen muss und der was aufgebaut hat und der in ihrem Falle dann aber schon gesehen hat okay, der eine oder andere externe Manager, der macht das eben nicht so, wie ich das gut finde und vielleicht noch mehr loslassen muss, wenn dann der eigene Sohn in den Vorstand mit einsteigt.


Total. Und das, was meinem Vater sicherlich auf dem Weg geholfen hat war, dass er so viele Projekte hatte, auch außerhalb von edding, wo er sagte: „Ich habe meine Bestimmung und ich kann das ja sowieso nicht oder will das auch nicht bis zu meinem Lebensende.“ Das soll ja auch weitergehen. Das soll ja auch in die nächste Generation gehen und von daher als Ratgeber da zu sein, aber als passiver Ratgeber, das war die Rolle, die er perfekt ausgefüllt hat und war für mich unfassbar wertvoll und ein ganz großes Glück.

edding ist zu diesem Zeitpunkt, als Sie eintreten, 2005, noch immer das Synonym für den Filzstift, für die, ich sag mal, die Schreibwarenartikel und hat eine Situation, in der man sagen muss: hmm okay, alles wird digitaler, alles wird gegebenenfalls auch noch anders und wir sehen vor uns, wer weiß, wie viel man den dicken edding noch so braucht. Da kommt ein junger neuer Chef ins Haus und muss sich mit einer Zukunft auseinandersetzen, die heißen könnte: Schon allein die Umstände da draußen machen es vielleicht zukünftig nicht mehr ganz so interessant, sich nur auf diesem Gebiet zu tummeln. Als Sie eingestiegen sind, hatten Sie solche Überlegungen schon beim Einstieg, oder sind die erst später gekommen?


Die sind dann relativ bald gekommen, weil natürlich waren so die Themen, das papierlose Büro und Ähnliches. Das kam schon zu der damaligen Zeit. Direkt nach dem Einstieg war ich tatsächlich sehr stark darauf fokussiert, für mich zu lernen, das Unternehmen ein bisschen zu beruhigen nach den vielen Führungswechseln. Aber dann war doch schon sehr schnell dann der Blick nach draußen und als dann die ersten Strategiearbeiten losgingen, da war klar: Sich darauf verlassen, dass das auf ewig trägt in dem Modell, wie wir das über viele Jahre hatten, das wird nicht funktionieren und von daher gab es schon sehr, sehr früh auch die Impulse zu sagen: Mensch, wir müssen uns auch weiterentwickeln. Die Arbeitswelt verändert sich fundamental und das wird Auswirkungen auch auf unsere Produkte haben.


Und dabei haben wir jetzt einen großen Schritt übersprungen, weil wir über ihr Leben dazwischengeredet haben. Aber aus der japanischen Situation der Filzstifte, die man einkauft und dann weiterverkauft, ist ja ein eigener Produktionsbetrieb geworden, der erst mal diese Schreibwarenartikel selbst herstellt.


Ja, wobei ich sage immer mal, Herr Edding und mein Vater waren extrem fortschrittlich in den Blick darauf, dass sie sich die Wertschöpfungskette schon sehr genau angeguckt haben und nie gesagt haben: „Wir müssen komplett vertikal alles beherrschen, was da drin in der Wertschöpfungskette steckt.“ Und insbesondere das Thema Produktion war für sie kein Muss. Die Frage war immer: „Wo steckt der Mehrwert drin?“ Und das war bei den beiden, dass sie ein Auge dafür hatten, was Produkte sind, die wirklich Mehrwert bringen und wirklich Nutzen bringen, dass sie ein Auge für Qualität hatten. Gerade Herr Edding war da an der Stelle der Techniker und mein Vater war immer schon ein großartiger Marketeer und Vertriebler. Und die beiden haben sich da sehr stark ergänzt, aber Produktion war kein Selbstzweck.


Produktion war kein Selbstzweck, hat aber trotzdem stattgefunden in Ahrensburg?


Ja, die hat in Ahrensburg stattgefunden, in einem gewissem Umfang. Wobei Japan immer bis heute ein wichtiger Lieferort ist, weil eben manche Technologien bis heute in Japan so gut sind wie nirgendwo anders, die Technologie immer noch sehr, sehr weit ist. Mittlerweile ist es so, dass wir auch einen großen Produktionsstandort in Deutschland haben, tatsächlich nicht in Ahrensburg, sondern in Bautzen. Das ist dann damals von der Treuhand die Markant-Werke aus der DDR-Zeit übernommen und dort haben wir eine ganze Menge Technologie Know-How, wo wir eben auch wissen, da schaffen wir wirklich Mehrwert, auch in der eigenen Produktion. Aber bis heute haben wir viele externe Lieferanten, die dann zwar für uns von uns entwickelte Kerntechnologien produzieren, aber die für uns so eine Art verlängerte Werkbank sind.


Wir müssen zurückkommen auf edding und Per Ledermann, der erst mal versucht, Stabilität ins Unternehmen zu bringen und die Filzstifte aus Japan irgendwie weiter zu einem guten Geschäft werden zu lassen und dabei aber jetzt strategische Überlegungen anstellt und sagt: „Wohin muss edding in der Zukunft?“ Und da, ehrlich gesagt, haben sie und das weiß man jetzt als Zuhörer wahrscheinlich überhaupt nicht, Sie haben edding zu einem ganz anderen Haus gemacht, als es das war, als Sie es übernommen haben. Sie müssen ein bisschen erzählen, was die Idee war, wohin sich edding entwickeln sollte und wohin es sich auch entwickelt hat.


Ja, die Frage, die wir uns gestellt haben, ist, und die haben wir uns nicht nur selbst gestellt, sondern die haben wir insbesondere natürlich auch den Nutzern unserer Produkte gestellt: „Was ist das, was edding an Mehrwert bringt?“ Und das jetzt losgelöst mal vom Produkt, sondern die Frage dahinter. Und dann gibt es natürlich technologische Eigenschaften, dass wir uns mit Tinte auskennen und damit wie Tinte auf Oberflächen kommt. Das ist eine technische Seite. Aber dahinter steht noch was. edding steht sehr viel dafür, Informationen sichtbar zu machen, Gefühle auszudrücken, Persönlichkeit auszudrücken. Im Endeffekt ist ein Stift ja nichts ohne denjenigen, der es in der Hand hat. Und dann entsteht ja in dem Moment der Zauber, dass das, was man in seinem Kopf oder in seinem Herzen trägt, sichtbar wird. Und das kann ja über viele Medien passieren. Das muss ja nicht über den Stift passieren. Und das hat uns letztlich erlaubt, sehr viel weiterzudenken und dann uns in Bereiche hineinzubewegen, die sich dann auch von dem klassischen Stift gelöst haben und die dann auch in gewisser Weise zeitlos sind, weil sie nicht von einem Verhalten abhängig sind von, sondern von der grundsätzlichen Frage: solange wir eigene Persönlichkeiten, eigene Gedanken, eigene Ideen, solange wir Informationen haben, die auch sichtbar gemacht werden sollen, solange finden wir auch Anwendung.


Sagen Sie mal Beispiele dafür: sich ausdrücken, jetzt nicht nur mit dem Stift, sondern anders. Was sind das für Produkte?


Themen wie Spraydosen wie auch Anwendung durchaus mit einem Stift, wo man gesagt hat: Da sind wir noch nicht so im kreativen Bereich oder ähnliches. Aber das ging auch weiter. Das ging dann in den technologischen Bereich, auch gerade im B2B Umfeld. Wir machen heute in der Kooperation mit einem bayerischen Familienunternehmen einen sogenannten Thermal Inkjet Drucker, das ist ein Industrie-Drucker, der am Ende des Produktionsprozesses häufig Sekundärverpackungen mit z.B. Mindesthaltbarkeitsdaten oder Batch-Nummern oder ähnliches produziert, wo wir diejenigen waren, die diese Anwendung von einem sehr stressigen und hinderlichen teuren Prozess am Ende in ein Industrie 4.0 Umfeld gebracht haben, weil es komplett vernetzt arbeitet. Wir haben eine Kooperation und mittlerweile auch eine Beteiligung an einem Start-up in Chemnitz, das eine Tinte entwickelt hat, in der man Informationen verstecken kann, die man dann mit einem kapazitiven Display, zum Beispiel mit einem Handy, wieder sichtbar machen kann. Und wir haben im privaten Bereich Bereiche entwickelt wie Nagellack. Wir haben ein eigenes Tattoostudio, das wir in Hamburg betreiben, weil das alles Dinge sind, in denen es darum geht, Persönlichkeit auszudrücken.


Bei edding, wo wir den schwarzen Filzer alle irgendwie im Kopf haben, an Nagellack und Tattoostudio zu denken, an einen Ink-Drucker, der als Druck-Thema dabei ist. Sie haben die Produktpalette wahnsinnig erweitert. Das mit dem Sprayen finde ich noch irgendwie naheliegend, aber das mit dem Drucker und vor allem aber die anderen Dinge, Tattoostudio und sonst was zu machen, vor dem Hintergrund dieser Philosophie: Wir machen etwas, mit dem man sich ausdrücken kann. Das ist also irgendwo so dann das neue Mission-Statement geworden, das bei edding oben drübersteht. Nun gilt Per Ledermann unter den Unternehmer, Kolleginnen und Kollegen im Lande auch nicht nur als derjenige, der die Produktpalette erweitert hat, sondern dass Digitalisierung in einem klassischen Unternehmen auf eine bestimmte Art und Weise bei edding auch eine besondere Rolle spielt. Das müssen Sie erläutern.


Na ja, Digitalisierung. Wir haben uns dem Thema mal genähert und haben erst mal gedacht Okay, das ist eine Bedrohung, denn viele unserer Anwendungen werden viel in der Industrie eingesetzt und da ist eine manuelle Markierung zum einen teuer und zum Zweiten fehleranfällig. Und von daher haben wir erst mal gesagt: „Oh Mensch, das ist eigentlich eine Bedrohung“ und haben dann damals angefangen und gesagt: „Mensch, wo sind denn Substitutionsgefahren?“ Und da haben wir sehr schnell gesehen: Eigentlich liegen darin eine Menge Chancen, weil wir darüber dann eben gesehen haben: Es gibt Hybrid-Technologien, die beides verbinden. Ich habe über die Kooperation mit dem Start-up gesprochen, das Tinte digital oder man Information in Tinte digital auslesbar machen kann. Und es ist auf der anderen Seite eben auch so, dass Digitalisierung ja nur ein Medium ist, das heißt, Sie haben von unserer Mission gesprochen, da ist es ja am Ende egal, ob wir die über eine digitale oder eine analoge Lösung bringen oder ob es eine Mischform, ist.


Das ist schon klar, aber man muss auch eben diese Chancen sehen. Und ich sage jetzt mal der edding-Code, also die Tinte, die irgendwie nicht sichtbar ist, aber die man auslesen kann, mit der man also Informationen unsichtbar quasi auf bestimmten Dingen weiterträgt. Das ist ja schon etwas, die Idee muss man erst mal haben, die Idee hatten Sie oder haben sie irgendwo mit aufgenommen oder eingekauft?


Wir haben dann tatsächlich in der frühen Phase schon angefangen, sehr wach auch nach draußen zu gucken. Hatten ein tolles Team bei uns im Corporate Innovation Management, das nach draußen geguckt hat: Mensch, welche Technologien entstehen? Und so haben wir damals dieses Start-up in Chemnitz kennengelernt und haben gesagt Mensch, lass uns doch mal zusammensitzen. Und dann hat man auch gesehen unsere Tintenkompetenz zusammen mit der vor allem sehr stark Software und AI-Kompetenz die bei den in diesem Start-up waren. Die haben dann eben ermöglicht diesen edding-Code zu entwickeln, was eben tatsächlich genau das ist, ein klassisches Druckprodukt, aber in dem eben Informationen sind, die man nicht auf den ersten Blick sieht, sondern die darin unsichtbar verschlüsselt sind und erst über das Auslesen mit einem kapazitiven Display sichtbar werden.


Und die dann völlig neue Einsatzmöglichkeiten schaffen. „Easy Check“ steht bei mir auf einem Zettel. Was ist das denn, Herr Ledermann?


Ja, das ist tatsächlich, wenn man so will, der erste Weg in die Wirklichkeit in dieser Technologie, die erste Anwendung. Die Unternehmen, ich weiß nicht, wie das in den Behörden ist, die eine große Fahrzeugflotte haben, wissen, aus versicherungstechnischen Gründen müssen sie aufpassen, dass die Mitarbeiter, die diese Fahrzeuge fahren, auch ihren Führerschein haben. Dafür müssen sie regelmäßig die Leute reinkommen lassen ins Haus und sich den Führerschein zeigen lassen. Das ist ärgerlich, wenn man wie einige Unternehmen Tausende von Leuten hat, die eigentlich im Außendienst unterwegs sein sollen und beim Kunden, die sollen nicht ständig zurückkommen, um zu zeigen: Ich habe übrigens noch einen Führerschein. Die Möglichkeit, die es da jetzt gibt: Es ist ein Aufkleber, in dem eben diese Technologie drin verdruckt ist, den sieht man nicht, der ist durchsichtig. Wir haben auch mit Ihren Kollegen im Verkehrsministerium gesprochen, die dürfen auch aufgebracht werden auf den Führerschein, die man wie gesagt nicht sieht. In regelmäßigen Abständen kriegt der Kollege im Außendienst die Aufforderung: Beweis mir mal, dass du deinen Führerschein hast. Der nimmt seinen Führerschein, legt ihn aufs Handy, streicht einmal mit dem Finger drüber und im Flottenmanagement des Unternehmens geht die Info ein: Der Kollege hat seinen Führerschein.


Sensationell. Und das in einem Unternehmen, das diese Chance der Digitalisierung, diese Chance von neuen Möglichkeiten eben in einem Traditionsunternehmen umsetzt. Dafür genau in der Tat und mit solchen Sachen muss man offen sein für immer neue Ideen und eine Unternehmenskultur haben, bei der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitziehen. Da hungrig zu sein, auch Neues zu machen und nicht nur in Altbewährtem festzusitzen. Wie schaffen Sie das im Haus?


Ja, auch das gilt für meinen Vater wie Herrn Edding, und ich habe ja vorhin gesagt, der Held meiner Kindheit ist Dr. Dolittle, und wahrscheinlich ist das die Brücke, die man auch schlagen kann: Das ist auch ein bisschen Abenteuerlust und Forscherdrang, die damit verbunden sind. Und das war bei unseren Gründern so und ich glaube, dass es auch bei mir sehr stark so ist, das bringt einfach Spaß und das steckt an. Und natürlich schart man Leute um sich, die das auch haben und dadurch haben wir so eine Kultur im Unternehmen, die eben genau diese Themen auszuprobieren, auch nicht daran zugrunde zu gehen, wenn mal was nicht funktioniert. Aber eben lieber zu sagen ich will mal eine Chance ausprobieren, als dass ich sie liegen lasse und die Flaschenpost vorbei schwimmen lasse. Ich gucke lieber mal rein und gehe das Risiko ein, dass mal was nicht funktioniert. Und das bringt einfach ein Riesenspaß, muss man sagen.


So ist jedenfalls edding in den letzten 16 Jahren in ein ganz anderes Haus überführt worden. Mit ganz anderen Möglichkeiten, mit ganz anderen Perspektiven. Und ein innovatives Unternehmen, das in Schleswig-Holstein nicht nur dafür steht, für Filzer zu stehen, wie gesagt, die wir alle im Kopf haben, sondern für ganz viel, auch in einer digitalisierten Welt. Sie sind Schleswig-Holstein treu geblieben, weil sie hier geboren sind oder weil es auch noch andere Vorteile hat?


Wir sind schon insgesamt sehr glücklich, auch genau da, wo wir sind. Zum einen muss man, da brauchen wir auch nicht drum herumreden, wir haben natürlich in Ahrensburg eine schöne Lage, weil wir einerseits die Vorzüge des größeren Platzes und der Ruhe haben und andererseits sind wir noch im Einzugsgebiet von Hamburg. Sehen nicht alle unsere Mitarbeiter so, die aus Hamburg pendeln, aber doch sehr, sehr viele.


Das ist der Vorzug der Metropolregion.


Das ist der Vorzug der Metropolregion, da brauchen wir auch gar nicht drum herumreden. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass sicherlich auch eine hohe Überzeugung gerade auch bei uns in der Eigentümerfamilie liegt. Die Länder, in denen wir sonst eben Aktivitäten haben, ich habe gesagt, wir haben ein Wildreservat in Namibia, meine Eltern haben auf Island gelebt, und das ist heute noch so ein Refugium für uns. Wir sind einfach naturnah. Und das ist das Wunderschöne an Schleswig-Holstein, dass man eben beides haben kann. Wir können sehr großartig unserem Geschäft nachgehen und trotzdem haben wir eben auch die Möglichkeit, die Vorzüge, die einfach dieses wunderschöne Bundesland hat, zu genießen.


Hightech in einem Traditionsunternehmen in einem Bundesland, wo andere Leute Urlaub machen wollen. Das ist schon ein Umfeld, das geht schon ganz gut. Bei mir ist Per Ledermann der edding leitet, ein Traditionsunternehmen, und der sich jetzt zum Schluss auch von mir drei kurze Fragen anhören muss mit der Bitte um drei kurze Antworten. Die besten Ideen habe ich?


Tatsächlich in der Natur. In dem Moment, wo ich nachdenken muss, gehe ich bei uns um die Ecke in den Wald. Und ja, da kommen die Ideen.


Mein liebster Ort in Schleswig-Holstein?


Auf dem Rücken meines Islandpferdes, wenn wir, auch an der Stelle wieder mit den guten Ideen, durch den Wald reiten können.


Am meisten inspiriert hat mich?


Sicherlich in vielerlei Hinsicht, unsere beiden Gründer. Ich habe es gesagt, in ihrer Art und Weise den Menschen auf Augenhöhe und Begeisterung für Vielfalt und Authentizität zu begegnen. Das war schon was sehr Besonderes, was mich bis heute prägt.


Per Ledermann, der CEO im Vorstand von edding, der mit Namibia und Island an vielen Teilen der Welt unterwegs ist, der einen Filzstifte-Hersteller zu einem digitalisierten, viel breiter aufgestellten Unternehmen gemacht hat, eine börsennotierte AG führt. Und das im Umfeld, da, wo andere Leute Urlaub machen. Schön, dass Sie heute Abend dabei waren. Es hat mir Spaß gemacht. Ich hoffe, sie hatten auch Spaß beim Zuhören. Und wenn sie beim nächsten Mal dabei sind, gibt es vielleicht wieder einen interessanten Gast, der auch Ihnen Spaß machen kann. Vielen Dank für’s Zuhören.