„Abwärme nutzen statt verschwenden.“

im Gespräch mit Dr. Andreas Sichert

Ob in der Industrie oder Schifffahrt – ein großer Teil der eingesetzten Energie entweicht als Abwärme ungenutzt in die Umwelt. Ein riesiges Energiepotenzial. Vor allem aber auch ein riesiges Energieeinsparpotenzial und eine Möglichkeit, klima- und kostenneutralen Strom zu erzeugen. Die Orcan Energy AG entwickelt so genannte ORC-Lösungen, die Abwärme recyceln und zurück in Energie verwandeln.

Wie das funktioniert? Das erzählt Dr. Andreas Sichert, Gründer der Orcan Energy AG, in dieser Episode des Podcasts "Zukunftstalk mit Madsen". Außerdem erfährt Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen, warum für das in München ansässige Unternehmen der echte Norden ein wichtiger Standort ist und was die Bewohner:innen Schleswig-Holsteins und Bayerns gemeinsam haben.

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Claus Ruhe Madsen: Verschwendet, verpufft, verdampft. Bei industriellen Prozessen entsteht täglich jede Menge Abwärme, die größtenteils nicht genutzt wird. Angesichts von immer knapper werdenden Ressourcen und immer teurer werdender Energie können wir uns das nicht mehr leisten. Die Idee, aus Abwärme sauberen Strom zu gewinnen, ist nicht neu. Aber jetzt gibt es eine zweite Generation von Systemen, die aus Wärme Strom machen. Was ist das Geniale daran? Sind sie wirklich so gut wie überall nutzbar? Und warum ist Schleswig-Holstein ein guter Standort für die innovativen Unternehmen in diesem Bereich? Die Antworten erfahren wir in dieser Episode. Ich bin Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen und du hörst meinen Podcast.

Herzlich willkommen, Andreas! Schön, dass du da bist.

Dr. Andreas Sichert: Vielen Dank, vielen Dank für die Einladung.

Kannst du mir erst mal euren Firmennamen Orcan Energy erklären? Wofür steht Orcan – Energy, kann man sich ja denken.

Ja, kann ich. Orcan – der Name ist ein Kunstwort, setzt sich zusammen aus ORCAN. Also ORC ist der Name der Technologie, die zugrunde liegt, dass die Organic Ranking Cycle Technologie. Und das AN steht für Application – und das N schreiben wir wie das griechische Aether sozusagen im technischen Bereich für Wirkungsgrad stehend. Das heißt, wir wollen mit Hilfe der ORC Technologie Applikationen effizienter gestalten. Wir dachten damals beim Italiener, das ist ne coole Herleitung und ORCAN kann man auch noch aussprechen, sich merken, also in den Firmennamen genommen.

Hattet ihr vorher Grappa getrunken? Oder?

Ja. Hm, ich will nicht ausschließen, ich will das nicht ausschließen.

Gut, also, ich würde zumindest mich freuen, wenn jeder Zuhörer sich das gemerkt hat, wie der Name entstanden ist und wofür er steht. Trotzdem herleiten kann man das durchaus. Heute geht es um Abwärme-Nutzung für eine nachhaltige Energiewende, also ein wichtiges Thema. Andreas, stelle dich kurz unsere Zuhörerinnen und Zuhörer kurz vor und erzähle, wie du auf die Idee gekommen bist, das Unternehmen Orcan Energy zu gründen, als promovierter Physiker.

Ja, mein Name ist Andreas. Ich komme, etwas weiter weg von Kiel, aus dem schönen Bayern, im südöstlichen Zipfel von Deutschland, aus dem Berchtesgadener Land. Ich hab dann an der TU München Physik studiert und auch promoviert. Und dann, also am Ende der Promotion, war die Überlegung, was möchte ich weiter im Leben machen. Und ich glaube, zur Unfreude meines Doktorvaters, habe ich mich entschieden, nicht in der Akademia zu bleiben, sondern was Unternehmerisches zu machen, liegt sicherlich auch an meinem Elternhaus, in mehreren Generationen selbstständigen Handwerksbetrieb. Und dann dachte ich mir, Mensch, vielleicht kann man ja ein eigenes Unternehmen gründen. Ich habe mich aber nicht getraut, sozusagen eine eigene Technologie irgendwie zu verfolgen – als Physiker ist man da auch theoretisch ein bisschen weit weg vom Markt. Also habe ich mich auf den Weg gemacht, an der TU München nach Ideen zu suchen, die, sagen wir mal, in den Schubladen der Forscher schlummern. Und da habe ich dann meine zwei Mitgründer-Kollegen getroffen. Andreas Schuster, der am Lehrstuhl für Energiesysteme an der TU München an kleinen ORC-Systemen forschte und auch dort promovierte. Und konnte ihn überzeugen, seinen Karriereweg in Richtung Professor abzubrechen und in eine Risiko-Gründung zu gehen. Und das gleiche hat auch ganz gut geklappt beim Richard Aumann, dem dritten im Bunde, der zu der Zeit bei GE Global Research gearbeitet hat. Auch auf dem Thema ORC. Und seitdem sind wir zu dritt unterwegs und versuchen eben, den Markt an kleinen modularen ORC-Lösungen zu erschaffen und Orcan als Unternehmen voranzubringen und aufzubauen.

Ja, vielleicht kannst du dann auch direkt das Produkt in einem Satz erklären. Was ist es genau?

Es ist im Prinzip ein rückwärts laufender Kühlschrank, der nicht mit Strom rein …

Das heißt, er fühlt sich von alleine?

Das wäre schön, dass es dann die nächste Idee, die wir machen: Der Kühlschrank, der niemals leer wird, auch wenn man ein Bier rausnimmt. Nein, das ist sozusagen nicht die Idee. Die, die dahinter ist, dass wir irgendwo Wärme haben, auch kleinere Wärmequellen mittlere Größe und kleiner Größer nutzen und daraus Strom machen. Weil am Ende ist es so, dass 50 Prozent der Energie, die wir heute in unserer Industrie in Europa stecken, in Form von Abwärme immer verloren geht.

Und was genau ist denn Abwärme? Wo entsteht sie? Warum sollten Unternehmen oder auch in dem Fall Schiffe, sie unbedingt nutzen?

Na ja, Abwärme ist erstmal ein sehr großes Energiepotenzial. Und zum anderen ein sehr kostenintensives Nebenprodukt von verschiedenen Elementen oder Bereichen unseres modernen Lebens und Wirtschaftens. Auch mal ein Beispiel. Wenn ich Glas herstellen möchte, vereinfacht ausgedrückt, schmelze ich Sand. Das bedeutet, ich erhitze eine große Wanne, und dort eben schmelze ich diesen Sand zu Glas. Und die Wanne erhitzt sich heute meistens mit Erdgas, und diese Erdgasflamme geht für die Zeit einer Wanne, also zehn Jahre, niemals aus. Und die Energie ist am Ende des Tages aber nicht im Glas gespeichert, irgendwie chemisch. Und das gleiche gilt für Stahlherstellung, Metallherstellung vieler Art. Wir haben eine Zink-Rösterei, wo es einen großen energiereichen Prozess gibt, und in all diesen Prozessen gibt's Abwärme. Du hast das Thema Schiffe angesprochen. Naja, was treibt ein Schiff voran? Das ist der Verbrennungsmotor, so wie wir im Auto haben, und zu maximal 50 Prozent verwandelt der Verbrennungsmotor die Energie im Tank in Vortrieb in Energie. Die anderen 50 Prozent sind in Form von heißen Motor-Kühlwasser oder heißen Abgasen, Abwärme, die einfach um die Umgebung entlassen werden und verpuffen. Und wenn man da eben ansetzen könnte und 10 Prozent von diesen 50 Prozent rückgewinnen kann, dann kann man sich eben Treibstoff einsparen oder mehr Energie nutzen. Und das ist genau, was wir vorhaben, ist genau, was wir machen.

Und wie genau zieht man aus dieser Wärme die Energie raus, also den technischen Prozess, einmal für die Zuhörer:innen, aber auch für mich.

Ja, im Prinzip funktioniert das alles so ein bisschen ähnlich wie im Dampfkraftwerk oder in Dampfmaschinen, die wir aus der Schule alle noch kennen.

Du wahrscheinlich noch besser, als gelernter Physiker, kannst dich daran erinnern. Ich weiß ein bisschen was anderes aus der Schule.

Im Dampfkraftwerk verbrennt man Brennstoff, zum Beispiel Kohle, Erdgas, Erdöl und so weiter. Diese Verbrennungsluft wird mit Wärme übertragen, in den in den ersten Kreislauf gebracht, und dort verdampft man Wasser. Dieses Wasser wird dann zu Dampf. Der Dampf steht unter hohem Druck und treibt dann eine Turbine an – allgemeiner gesprochen eine Expansions-Maschine. Diese mechanische Energie, also eine drehende Welle, treibt ein Generator an, wie – die etwas Älteren unter uns können sich sicherlich noch an den Fahrrad-Dynamo erinnern –, und dann erzeuge ich da sozusagen Strom daraus. Und nach dieser Turbine habe ich dann noch Dampf auf niedrigerem Temperaturniveau. Den mach ich dann wieder flüssig. Also das geht, wenn man so an Kernkraftwerke mit diesen typischen Kühltürmen denkt, wird dann verflüssigt, und dann macht die Speise-Pumpe wieder das Wasser hinein in den Verdampfer. Und so geht der Kreislauf von vorne los. Der Unterschied jetzt bei uns ist, wir nutzen nicht Wasser, sondern ein organisches Arbeitsmedium, sowas, was wie in Klimaanlagen oder in industriellen Pumpen verwendet wird. Und der Vorteil ist, dass eben, wenn jetzt das in diesem Glas hier wäre, wir haben hier leicht über 17 Grad, dann würde das schon vorher anfangen zu verdampfen. Deswegen kann man eben Wärme-Quellen auch schon kleinere Leistungen und kleinere Temperatur nutzen, und wir nutzen ein paar andere Komponenten aus dem Großkraftwerk, und somit kann man auch den Prozess, den im Kraftwerk schon lange bekannt ist, aber einen Faktor 1000 kleiner machen, und ein Produkt reinbringen. Und nutzbar machen.

Und wir beide haben uns ja auch schon im Vorfeld ein Stück weit über Wertschöpfungsketten und Business Case und die Art, wie vielleicht das eine oder andere Land an solche Themen herangeht, unterhalten. In Deutschland entscheiden wir, wir möchten eine Energiewende, und danach diskutieren wir, wie wir sie bezahlen. Und ich glaube, in anderen Ländern, hattest du mir auch berichtet, hat man einen etwas andere Vorgehensweise. Kannst du das nochmal kurz schildern?

Ja, die Kunden kaufen unsere Produkte im Prinzip aus zwei Gründen. Der eine Grund ist, wie wir in Deutschland halt auch jetzt momentan nachdenken, wie kann ich Energievorgaben sozusagen erfüllen? Aber der zweite Grund, warum Kunden kaufen, ist einfach Wirtschaftlichkeit. Die Energie hat mittlerweile einen hohen Wert, und wenn ich aus etwas, was ich sonst verschwende, nochmal Werthaltiges machen kann, habe ich dann einen Business case. Also, ich kann damit Geld verdienen, bares Geld verdienen, wenn ich das wieder nutzbar machen kann. Wir machen das ja schon in der in der Materialwirtschaft. Also, ich hoffe, jeder von uns überlegt, Altpapier zu trennen, zu recyceln, Plastik zu trennen und zu recyclen, Metall. Warum machen wir das nicht auch mit Energie, mit Wärme? Und das ist genau die Idee, die wir hatten. Lasst uns einfach Energie in Form von Wärme recyclen, lasst uns was draus machen, was man immer nutzen kann – Strom. Denn die Wärme direkt zu nutzen, ist sicherlich cleverer. Aber das geht eben nicht immer, nicht immer sind die Wärmequellen direkt da, wo man sozusagen auch die Wärme dann direkt brauchen kann, und sehr oft sozusagen ist auch das nicht im zeitlichen Zusammenhang. Also ein Zementwerk zum Beispiel, das sehr viel Wärme produziert, das hat seine Stillstandszeiten, typischerweise im Januar, Februar, und genau da brauchen wir natürlich Wärme, um unsere Gebäude zu beheizen. Also funktioniert es nicht. Und auch ein Schiff kann schlecht die Neubausiedlung mitnehmen. Also deswegen, wenn man die Wandel, denn etwas, was man immer nutzen kann, dann kann das wirklich einen Effekt haben.

Und warum ist es denn ein besonderer Vorteil gegenüber der Stromerzeugung – also, warum ist die Stromerzeugung aus Abwärme ein großer Vorteil gegenüber Photovoltaik und Windenergie?

Die die Stromerzeugung aus Abwärme typischerweise passiert da, wo der Kunde ist, da, wo der Verbraucher ist. Also erstmal kann ich die Netze damit nicht belasten, sondern entlasten. Ich habe nicht ein Windpark, der irgendwo Offshore, also auf der hohen See, steht. Und dann muss ich mühsam, ich komme ja aus Bayern, ein bisschen Leid geplagt in der Hinsicht, wie kriegen wir den Strom sozusagen nach Bayern, mit welchen Netzen? Da steht ja noch viel Aufgabe uns bevor. Aber ich kann eben direkt am Zementwerk, wenn wir da bleiben wollen als Beispiel, Strom erzeugen aus Abwärme, und es Zementwerk braucht in der Sekunde, wo man es erzeugt, diesen Strom. Und damit ist er aus Sicht des Zementwerks Grundlast.

Nun hast du ja auch mehrfach über das schöne Bundesland Bayern berichtet, und dass du von dort kommst. Uns bist du jetzt aber besonders sympathisch, weil du ja nach Kiel mit deinem Unternehmen gekommen bist. Wieso ist das so?

Kiel, speziell der Raum hier, ist ein toller Standort! Das hat einmal damit zu tun, dass Kiel logistisch, Stichwort Seewege, deutlich günstiger liegt als Bayern. Wir haben viele Kunden, auch Übersee in aller Welt, das heißt in Asien oder Richtung Nordamerika, und da ist natürlich Bayern weniger günstig gelegen an Verkehrswegen – das mal das eine. Das andere ist, es hat auch was mit Personen zu tun. Wir haben hier einfach ein gutes Netzwerk, um eines der Kieler Urgesteine – um Hinrich Krey herum, da eine Heimatstadt gefunden, da auch aufzubauen. Es gibt hier auch tolle Gelegenheiten, ja Gebäude zu nutzen, in ehemaligen Lokomotiv-Fertigungshallen zum Beispiel, sowas findet man im Münchener Umland nicht so leicht sozusagen. Wir bauen ja auch bis zu 40 Fuß Container, die müssen erst mal gefertigt werden, bewegt werden. Die sind gar nicht so unterschiedlich wie die Lokomotive sozusagen, und da braucht es einfach gewisse Hebezeuge, Platzbedarfe. Zum anderen brauchen wir auch Arbeitskräfte, Fachkräfte, und die Kräfte, die wir brauchen, sind gar nicht so unterschiedlich, wie die man im Motorenbau, im Lokomotiv-, im Schiffsbau braucht, und die findet man hier.

Welche Kompetenzen und Interessen müsste man denn haben, wenn man hier bei euch, am neuen Standort, arbeiten möchte?

Als allererstes mal muss man, glaube ich, die Begeisterung mitbringen, ein Teil zu sein von der Orcan-Familie, ein Teil sein zu wollen, von einem Stück weit gelebter Energiewende, und das als sinnhaft sehen. Das Zweite ist, an Kompetenzen soll er mitbringen, unterschiedliche, also wir brauchen Elektriker, wir brauchen Mechaniker, wir brauchen Mechatroniker. Kältemeister ist eine sehr seltene Spezies, die wir aber sehr gut brauchen können, in vielfältiger Weise, und sonst ganz viele begeisterte Menschen, die uns eben helfen, unsere Produkte zu fertigen, die Qualität hochzuhalten und dann für die Welt fit zu machen.

Laut Erhebungen sind ja wir Schleswig-Holsteiner auch deutlich glücklicher als die in München. Von daher habt ihr da, glaube ich, beste Voraussetzungen, motivierte und lebensfrohe Menschen zu gewinnen. Aber aus welchen Bereichen kommen eure Kunde?

Unsere Kunden kommen aus den verschiedenen Bereichen der Industrie. Wir haben Leute aus der Metallindustrie, wir haben Leute aus der Zementindustrie, wir haben Leute aus der Automobilindustrie, wir haben auch Leute aus der holzverarbeitenden Industrie.

Vielleicht demnächst auch aus der Batterie-Fertigungsindustrie?

Wir haben auch sogar Kunden aus der Batterie-Recycling-Industrie. Aus der Fertigung noch nicht, aber aus der Batterie-Recycling-Industrie, die sozusagen aus den alten Autobatterien neue Werkstoffe in der Kreislaufwirtschaft machen. Da haben wir heute schon Produkte im Einsatz, die Kühl-Aggregate sozusagen ersetzen und, statt Strom zu brauchen, Strom produzieren. Und es ist doch ein tolles Beispiel, wie man aus Abwärme etwas Nutzbares machen kann, Strom und gleichzeitig Kühlleistung bereitstellen kann.

Ich muss auch persönlich sagen, dass ich, ich bin ja jede Woche ganz viel bei Unternehmen unterwegs, und oft habe ich tatsächlich erlebt, dass wahnsinnige Wärme entsteht in der Produktion und bisher tatsächlich an wenigen Stellen das überhaupt genutzt wird. Von daher, was braucht es denn, damit wir zu einer flächendeckenden Abwärmenutzung letztendlich kommen?

Also, ich glaube, wir müssen versuchen, erst mal das ganze Thema bekannter zu machen, dass es da eine neue Lösung gibt, eine Lösung gibt, die einfach ansetzbar ist, die modular ist, die zukunftssicher ist. Das heißt, selbst wenn ich meine Produktion verändere, und viele Produktionen stehen eben vor großen Veränderungen der nächsten fünf bis zehn Jahren, wegen des Klimawandels, wegen der Energiewende, um hier umzubauen und umweltfreundlicher zu werden. Mit unserer Technologie, der modularen Technologie, lockt man sich nicht ein, man verbaut sich keine Türen für die Zukunft, und das ist etwas, was eben neu ist für viele Kunden und das ist ein Aha-Erlebnis. Ich glaube, das ist ganz wichtig, dass man den Markt, dem Kunden erklärt, was sie für Lösungen bieten können. Und dann, glaube ich, braucht man die richtigen Rahmenbedingungen. Das ist das Thema Politik. Strom aus Abwärme gilt heute in manchen Regionen der Welt als grün. In Deutschland tun wir uns noch ein bisschen schwer, weil wir definieren, was grün ist, was im EWG steht, und stehen wir nicht drin. Auch in der, sagen wir mal, in der EU sozusagen haben wir das Thema, dass die EU-Taxonomie gebaut wurde, so zumindest lese ich das Ganze, wir schauen mal, was schon der Markt ist, das schreiben wir auf. Aber das ist natürlich nicht das richtige Rezept, um die nächsten Jahre zu gestalten im Rückspiegel – da stehen wir nicht drin, also Kälte und Wärme aus Abwärme ist grün, aber Strom aus Abwärme noch nicht. Hingegen die UN mit der IMO, also der International Maren Organisation, also für die Schifffahrt zuständige Regulation, sagt ganz klar: Abwärme ist einer der Bausteine, Abwärmenutzung in Schiffen ist einer der Bausteine, um eben die Schifffahrt zu dekarbonisieren. Und andere Länder der Welt sehen das eben ähnlich. Und so glaube ich, wäre eine große Hilfe, wenn man Einheitlichkeit in Rahmenbedingungen schaffen würde. Das hilft schon mal ganz viel.

Also, auf jeden Fall hast du mein Interesse ganz stark geweckt. Ich werde definitiv vorbeischauen, aber ich würde das verbinden mit der Frage, wo steht ihr denn in fünf oder in zehn Jahren?

Also ich hoffe, dass das Thema Abwärmenutzung ähnlich selbstverständlich ist wie das Thema „Wir dämmen unsere Gebäude und drehen nicht nur die Heizung auf“. Dass es ähnlich selbstverständlich ist „Oh, da gibt es ein Dach, das nach Süden ausgerichtet ist, und wir packen heute Photovoltaik drauf.“ Dass wir einfach verstehen, dass es eine große Energie-Ressource ist, die wir nutzen, und dass das kein sozusagen Pionierswerk bleibt, sondern das Potenzial hat, ein sehr großer Baustein für eine erfolgreiche Energiewende zu  werden, die auch bezahlbar ist. Und wenn das so wäre, wäre das sehr toll.

Aber so wie du es jetzt bisher beschreibst, ist es ja an Bord von einem Schiff, hier setze ich das ein, um Energie zu gewinnen. In der Fabrik setze ich das ein, damit die Energie dort genutzt wird. Was ist denn mit einer externen Leitung? Also, ich war zum Beispiel bei der dänischen Firma Novo Nordisk und dort ist es so, dass man auch Stadtteile mit Wärme versorgt, damit sie quasi so effizient eingesetzt wird und nicht einfach verpufft. Ist das eure Technologie auch in die Richtung gehend, oder ist sie tatsächlich dafür, um, nur nicht falsch verstehen, aber um daraus Strom zu machen?

Unsere Technologie ist im ersten Schritt dafür da, Wärme, die sonst nicht gebraucht wird, in Strom umzuwandeln. Und dann der Strom, der kann immer genutzt werden – also wirklich, was immer nutzbar ist, daraus zu machen.

Im Zweifel ja Power-to-X.

Genau. Plus, Indem, dass wir die Wärme verfügbar machen, kann man natürlich auch sagen, jetzt ist die Wärme ja verfügbar. Dann kann ich es ja auch für ein, zwei, 3000 Stunden im Jahr auskoppeln, für die direkte Wärmenutzung. Und die restlichen 5000 Stunden im Jahr – wir haben ja 8067 Stunden im Jahr, aber wir heißen ja nicht jeden Tag im Jahr –, sozusagen, kann ich dann Strom produzieren. Und wir dürfen auch nicht vergessen, das ist sozusagen unser Blick auf die Welt, und wir sind verantwortlich für 2 Prozent, nur 2 Prozent CO2-Emissionen. Wenn wir uns anschauen, wo passiert denn die meiste Industrie-Leistungen von den großen Prozessen, von den großen Industrien, dann ist es meistens irgendwo eher südlich, das heißt China, Indien und so weiter, und da gibt es keinen Heizbedarf zum großen Teil oder sehr viel eingeschränkter zumindest ist bei uns, und damit ist die Frage, was mache ich mit der Wärme, nur noch viel drängender.

Also, jetzt kommen wir quasi zur letzten Frage. Ich will das aber verbinden mit einem persönlichen Dank. Ich finde das großartig, dass du heute hier bei uns in Kiel vorbeigeschaut hast, dass du hier in Kiel eine Produktionsstätte aufbaust, Menschen hier eine Perspektive gibst, quasi an die Lösungen von morgen mitzuarbeiten – und du bist immer unterwegs auf der Welt, und deswegen ist es gut, dass du heute bei uns reingeschaut hast. Aber da würde ich auch gerne mal von dir wissen wollen, welche Standortvorteile für Orcan Energy sieht man, oder, mal abgesehen nur von diesen Vorteilen, was siehst du denn persönlich als Süddeutscher als Positives, wenn du auf Schleswig-Holstein schaust?

Ich glaube, das ist eine tolle Gegend, das sind auch tolle Leute, sind gerade raus, sind ehrlich, mit denen kann man was anfangen. Da ist wenig Chi-Chi, was der Bayer auch nicht mag. Also ich glaube, das harmoniert auch ganz gut. Und so glaube ich, passt das sehr gut zusammen.

Ich habe auch das Gefühl, dass Südbayern auch sehr bodenständig sind, gut zu Schleswig-Holstein passen. Wir haben auch hier neu errichtet ein Welcome Center, das für Integration stehen soll und dann auch den einen oder anderen helfen soll, falls sie sprachliche Herausforderungen oder anderes haben. Und da würde ich dir direkt anbieten, wir sind auch für dich da, Andreas. Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr nach Schleswig-Holstein kommt.

Vielen Dank! Ich werde es mal versuchen.

Mia San mia.

So ist es.

Schön, dass du heute da warst und auf erfolgreiche Zusammenarbeit. Vielen Dank.

Vielen Dank, hat mich sehr gefreut!